Das strafrechtliche Verbot des Abrufens, sich Verschaffens oder Besitzens kinderpornographischer Inhalte ist ohne minderschweren Fall ausgestaltet. Die unterschiedslose Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr verstößt gegen das Übermaßverbot. Das hat die BRAK zu einem beim Bundesverfassungsgericht geführten Vorlageverfahren ausgeführt.
Auf Anfrage des Bundesverfassungsgerichts hat die BRAK sich mit der Frage befasst, ob die in § 184b III StGB geregelten Fälle des Abrufens, sich Verschaffens oder Besitzens kinderpornographischer Inhalte in einer konkreten Fallkonstellation gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot verstößt. Die Vorschrift ist als Verbrechenstatbestand mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr und ohne minderschweren Fall ausgestaltet.
Der Stellungnahme liegt ein vor dem AG Buchen anhängiger Fall zugrunde, in dem die Angeklagte es unterlassen hatte, vier Bild- bzw. Videodateien mit jugend- bzw. kinderpornographischen Inhalten von ihrem Mobiltelefon zu löschen. Diese waren in zwei Whatsapp-Gruppen geteilt worden, denen die Angeklagte zeitweise angehört hatte und aus denen sie nach kurzer Zeit ausgetreten war, weil einzelne Nutzer dort derartige Inhalte verbreiteten. Die Dateien waren aus Whatsapp automatisch auf ihrem Telefon gespeichert worden; angesehen hatte die Angeklagte die Inhalte nachweislich nicht. Sie hatte vielmehr vor, diese zu löschen, tat dies aber aus Nachlässigkeit nicht. Die Angeklagte war nicht vorbestraft, hat keinerlei pädophile Neigungen und kooperierte von Anfang an mit den Ermittlungsbehörden.
Das AG Buchen hält die Angeklagte für strafbar nach § 184b III StGB, weil sie den (unfreiwillig erlangten) Besitz an den jugend- bzw. kinderpornographischen Inhalten vorsätzlich aufrechterhalten. Die dafür vorgesehene Strafdrohung – Freiheitsstrafe zwischen einem und fünf Jahren – hält das AG jedoch in der konkreten Fallgestaltung für unverhältnismäßig. Die Ausgestaltung ohne Ausnahmen und ohne minderschweren Fall verstößt seiner Ansicht nach gegen das Übermaßverbot und ist daher verfassungswidrig. Das AG hat daher das Verfahren ausgesetzt und dem BVerfG vorgelegt.
In ihrer Stellungnahme hält die BRAK den Vorlagebeschluss für begründet. Die ausnahmslose Mindeststrafandrohung des § 184b III StGB für den Besitz von kinderpornographischen Inhalten von einem Jahr Freiheitsstrafe verstößt auch nach ihrer Ansicht gegen das Übermaßverbot. Die Strafe stellt mit Blick auf die Freiheitsrechte der Betroffenen und unter Berücksichtigung der individuellen Schuld der Täterin bzw. des Täters sowie spezialpräventiver kriminalpolitischer Ziele eine übermäßige und damit verfassungswidrige Sanktion dar.
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