Verhaltensempfehlungen der BRAK zur Geldwäscheproblematik I. Vorbemerkung

Die Erstreckung des Geldwäschebekämpfungsgesetzes auch auf Rechtsanwälte und die dadurch statuierte Durchbrechung der Verschwiegenheitsverpflichtung sowie das Risiko einer strafbaren Geldwäsche durch Entgegennahme von Anwaltshonorar aus bemakelten Geldern hat zu einer erheblichen Verunsicherung der Rechtsanwaltschaft geführt.

Die vorliegenden Verhaltensempfehlungen sollen dieser Verunsicherung entgegenwirken, über die gesetzlichen Vorschriften informieren und für die entsprechenden Probleme sensibilisieren. Mandanten muss nicht grundsätzlich mit erhöhter Aufmerksamkeit oder größerem Misstrauen begegnet werden. Klarheit über die Vorschriften soll sicherstellen, Fehler zu vermeiden.

II. Geldwäschebekämpfungsgesetz:

1. Grundsätzliches:
Das Geldwäschebekämpfungsgesetz gilt seit 15.08.2002 auch für Rechtsanwälte, soweit es um die Mitwirkung bei folgenden Geschäften geht:

- Kauf und Verkauf von Immobilien oder Gewerbebetrieben;

- Verwaltung von Geld, Wertpapieren und sonstigen Vermögenswerten des Mandanten;

- Eröffnung oder Verwaltung von Bank-, Spar- oder Wertpapierkonten;

- Beschaffung der zur Gründung, zum Betrieb oder zur Verwaltung von Gesellschaften erforderlichen Mittel;

- Gründung, Betrieb der Verwaltung von Treuhandgesellschaften, Gesellschaften oder ähnlichen Strukturen;

- Durchführung von Finanz- oder Immobilientransaktionen im Namen und auf Rechnung des Mandanten.

Bei allen sonstigen anwaltlichen Geschäften greift das Geldwäschegesetz nicht und es existieren außerhalb dieser enumerativ aufgelisteten Betätigungsbereiche weder Identifizierungspflichten noch Anzeigepflichten. Bei allen nicht von § 3 Abs. 1 GwG erfassten anwaltlichen Geschäften verbleibt es auch bei der umfassenden, strafrechtlich sanktionierten Schweigepflicht.

2. Identifizierungspflicht:
Nach § 2 Abs. 1 GwG ist der Vertragspartner zu identifizieren. § 1 Abs. 5 GwG regelt die Modalitäten. Im Regelfall genügt die Ablichtung der Personalpapiere. Für juristische Personen besteht eine Regelungslücke. Es wird insoweit empfohlen zur Identifizierung auf amtliche Veröffentlichungen oder amtliche Register zurückzugreifen.

Gemäß § 2 Abs. 1 GwG entsteht die Verpflichtung zur Identifizierung erst mit Vertragsschluss. Keine Identifizierungspflicht besteht somit für die reine Anbahnungsphase. Eine Ausnahme ergibt sich nur bei der Entgegennahme von Bargeld, Wertpapieren und Edelmetallen im Wert von mindestens 15.000,00 EUR. Für diesen Fall ist eine Identifizierung unabhängig von einem Vertragsverhältnis vorzunehmen. § 6 GwG begründet eine zusätzliche Identifizierungspflicht in Verdachtsfällen. Wann ein solcher Verdachtsfall anzunehmen ist, wird weiter unten unter 4.a,b näher erläutert.

Grundsätzlich gilt die Identifizierungspflicht auch für Altmandanten. Eine Ausnahme sieht § 7 GwG nur vor, wenn der zu Identifizierende persönlich bekannt ist und bei früherer Gelegenheit bereits identifiziert worden ist.

3. Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht
Die entsprechenden Pflichten ergeben sich aus § 9 GwG. Die zur Identifizierung erstellten Unterlagen sind privilegierte Unterlagen im Sinne des § 97 StPO. Sie unterliegen auch der anwaltlichen Schweigepflicht.

Außer in den Fällen einer Anzeigepflicht dürfen sie nicht Dritten mitgeteilt werden. Auch im Falle von Durchsuchungsmaßnahmen darf deshalb keine freiwillige Herausgabe erfolgen. Gegen die insbesondere in § 10 Abs. 2 GwG vorgesehene Verwertungsmöglichkeit auch in Besteuerungs- und Steuerstrafverfahren bestehen verfassungsrechtliche Bedenken.

4. Anzeigepflicht:
§ 11 Abs. 3 GwG begründet eine Anzeigepflicht, wenn Tatsa¬chen bekannt werden, die darauf schließen lassen, dass eine Transaktion der Geldwäsche nach § 261 StGB dient oder im Falle einer Durchführung dienen würde.

a) Indizien in der Person des Mandanten, die einen Verdacht begründen können:

- Der Mandant verlangt Anonymität und versucht seine Identität zu verschleiern.

- Der Mandant erteilt falsche Auskünfte oder verweigert für die Durchführung der Dienstleistung erforderliche Informationen.

- Gegen den Mandanten ist ein Ermittlungsverfahren wegen einer Katalogtat im Sinne des § 261 StGB anhängig und es ist hinsichtlich etwaiger, aus der Tat erlangter Vermögenswerte die Anordnung von Verfall/Rückgewinnungshilfe in Betracht zu ziehen.

b) Indizien aus dem Geschäft selbst, die einen Verdacht begründen können:

- Es geht um die Durchführung von Geschäften, die offenkundig unwirtschaftlich sind und für die auch auf Nachfrage keine vertretbaren legitimen steuerlichen, rechtlichen oder wirtschaftlichen Gründe benannt werden.

- Der Mandant versucht, hochvolumige unbare Zahlungen zu vermeiden.

- Zahlungen zugunsten des Mandanten auf das Konto des Anwalts werden ohne plausiblen Grund von Drittzuwendern geleistet, die in keiner nachvollziehbaren Beziehung zu dem Mandanten stehen und die in einem Land ansässig sind, das auf der FATF-Liste der nicht-kooperativen Staaten und Gebietskörperschaften steht, siehe www.fatf-gafi.org. (z. Zt. Cook Inseln, Indonesien, Myanmar, Nauru, Nigeria, Philippinen)

- Das Unternehmen des Mandanten weist die Merkmale einer Scheingesellschaft auf (z.B. fehlende Betriebsausstattung, fehlendes Personal).

Die genannten Anhaltspunkte sind zu gewichten. Das Vorliegen eines einzelnen Anhaltspunktes reicht grund¬sätzlich nicht aus, um bereits den Verdacht einer Geldwäsche gemäß § 261 StGB zu begründen. Das Zusam¬mentreffen mehrerer Anhaltspunkte sollte allerdings Anlaß für erhöhte Aufmerksamkeit sein. In jedem Fall ist eine Einzelfallentscheidung ohne schematische Festlegung zu treffen.

5. Einschränkung der Anzeigepflicht
Gemäß § 11 Abs. 3 GwG entfällt die Anzeigepflicht, wenn der Geldwäscheverdacht auf Informationen beruht, die der Rechtsanwalt im Rahmen der Rechtsberatung oder der Prozessberatung für seinen Mandanten erhalten hat.

Eine Rückausnahme sieht § 11 Abs. 3 GwG jedoch vor, wenn der Rechtsanwalt weiß, dass sein Mandant die Rechtsberatung bewusst für den Zweck der Geldwäsche in Anspruch nimmt. In diesem Fall bleibt es bei der Anzeigeverpflichtung. Zu beachten ist aber, dass nach den Gesetzesmaterialien die Anzeigepflicht der rechtsberatenden Berufe nur zukünftig drohende Geldwäschehandlungen verhindern soll. Es entfällt danach die Anzeigeverpflichtung, wenn der Rechtsanwalt auf¬grund der Gespräche mit dem Mandanten, insbesondere nach der Aufklärung über die Strafbarkeit des geplanten Handelns, davon ausgeht, dass sein Mandant von seinem Vorhaben Abstand nimmt.

Die Mitteilung einer Anzeige an den Mandanten ist unzulässig, sie ist gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 2 GwG als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu 50.000,00 EUR bedroht.

6. Geldwäschebeauftragter:
Für Rechtsanwälte, die die in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GwG genannten Geschäfte regelmäßig ausführen, gilt die Verpflichtung, einen Geldwäschebeauftragten zu bestellen, wenn der Kanzlei mehr als 10 Berufsangehörige oder Berufsträger sozietätsfähiger Berufe gemäß § 59 a BRAO angehören (Anordnung der Rechtsanwaltskammer nach § 14 Abs. 4 Satz 2 GwG vom 31.07.2003 i.V.m. § 14 Abs. 2, 4 GwG, BRAK-Mitt. 2003, 229).

- Bußgeldvorschriften:
Zuwiderhandlungen gegen die Identifizierungs-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten sind als Ordnungswidrigkeiten mit Bußgeld bis zu 100.000,00 Euro bedroht, wobei das Unterlassen der Identifizierung in Verdachtsfällen (§ 6 GwG) ausgenommen ist. Das Unterlassen von Erkundigungen nach dem wirtschaftlich Berechtigten und das Unterlassen der Feststellung dessen persönlicher Daten kann mit Bußgeld bis zu 50.000,00 Euro geahndet werden. Dasselbe gilt für das Unterrichten des Mandanten von einer Anzeige nach § 11 Abs. 3 GwG. Dagegen ist der Verstoß gegen die Anzeigepflicht als solcher nicht bußgeldbewehrt.

- Geldwäsche, § 261 StGB
Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich auf das Sonderproblem Geldwäsche - bemakeltes Verteidigerhonorar.

- Strafverteidigerhonorar:

- § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB ist mit dem Grundgesetz vereinbar, soweit Strafverteidiger nur dann mit Strafe bedroht werden, wenn sie im Zeitpunkt der Annahme ihres Honorars sichere Kenntnis von dessen Herkunft hatten. Dies wurde mit Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 30.03.2004 klargestellt.

Sichere Kenntnis ist identisch mit positivem Wissen. Weder Leichtfertigkeit noch bedingter Vorsatz genügen, um eine Strafbarkeit zu begründen.

- Das BVerfG verpflichtet Strafverfolgungsbehörden und Gerichte, auch bei Verfahren gem. § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB sensibel vorzugehen und auf die besondere Stellung des Strafverteidigers Rücksicht zu nehmen.

Ein Anfangsverdacht darf nur bejaht werden, wenn auf Tatsachen beruhende, greifbare Anhaltspunkte für die Annahme vorliegen, dass der Strafverteidiger zum Zeitpunkt der Honorarannahme bösgläubig war. Die Übernahme eines Wahlmandates wegen einer Katalogtat nach § 261 Abs. 1 StGB genügt nicht für die Begründung eines Anfangsverdachtes. Hinzukommen müssen insbesondere folgende weitere Indikatoren:

- Aus der Katalogstraftat müssen Vermögenswerte im Sinne des § 261 StGB erlangt worden sein.

- Entgegennahme des Anwaltshonorars unter konspirativen Bedingungen.

- Hohe Bargeldzahlungen. In Anlehnung an das GWG ist von Beträgen über 15.000,00 EUR auszugehen. Mehrere Teilzahlungen, die in einem engen zeitlichen Zusammenhang stehen, sind unter Umständen hierbei als Einheit zu sehen.

- Unangemessene Höhe des Honorars im Verhältnis zu der anwaltschaftlichen Leistung.

Unbare Zahlungsweisen, insbesondere Banküberweisungen, schließen in der Regel die Annahme eines Anfangsverdachtes aus. Dies folgt aus dem Kontrollraster bei den Banken gemäß dem GwG.

- Sonstige Anwaltsvergütungen:

- Die Beschränkung der Strafbarkeit nach § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB bei der Entgegennahme von Anwaltshonoraren auf Wissentlichkeit gilt nach den Entscheidungsgründen des Bundesverfassungsgerichtes vom 30.03.2004 nur für Strafverteidigerhonorare. Eine verfassungsrechtlich gebotene Einschränkung für die Anwendung des § 261 StGB auch auf sonstige Anwaltsvergütungen ist geboten. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Problematik offengelassen.

Folgende Gesichtspunkte sprechen dafür, nicht nur bei Strafverteidigerhonoraren, sondern bei sämtlichen Anwaltsvergütungen eine Strafbarkeit nach § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB nur bei Wissentlichkeit anzunehmen:

Auch im Zivilrecht kann die Pönalisierung des Anwaltshonorars zu einer Rechtsverweigerung für den Rechtssuchenden führen. In Verfahren mit Anwaltszwang kommt eine Gewährung von Prozesskostenhilfe bzw. Beratungshilfe nur bei Vermögenslosigkeit des Rechtssuchenden in Betracht.

Darüber hinaus kann zwischen einer möglichen Beihilfehandlung des Anwalts zugunsten des Mandanten und der Empfangnahme von Honoraren kein prinzipieller Unterschied gemacht werden. Der BGH wertet eine berufstypische Handlung nur dann als Beihilfe, wenn das Handeln des Haupttäters ausschließlich darauf zielt, eine strafbare Handlung zu begehen und der hilfeleistende Rechtsanwalt dies weiß; hält er es nur für möglich, so ist sein Handeln regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfehandlung zu beurteilen (BGH NStZ 2000, 34; NStZ 2004, 41).

Innerhalb eines Mandatsverhältnisses kann für die Beurteilung der möglichen Strafbarkeit eines Rechtsanwalts kein unterschiedlicher Maßstab gelten, sei es, dass es um die Honorierung oder um die Quellen dieser Honorierung geht, sei es, dass es um anderweitige inhaltliche Informationen geht, die die Durchführung des Mandatsverhältnisses betreffen.

An das gebotene Misstrauen des Rechtsanwalts gegenüber seinem Mandanten kann kein unterschiedlicher Maßstab gelegt werden.

- Hat der nicht strafrechtlich tätige Rechtsanwalt Kenntnis davon, dass gegen seinen Mandanten ein Ermittlungsverfahren wegen einer Katalogtat gemäß § 261 StGB geführt wird oder werden im Rahmen der zivilrechtlichen Auseinandersetzung von dritter Seite entsprechende Vorwürfe gegen den Mandanten erhoben, sind folgende Punkte zu beachten:

- Umstände, die - wie oben unter II l b dargelegt - bei einem Strafverteidiger den Anfangsverdacht einer möglichen Geldwäsche begründen können, sind ebenfalls zu beachten und zu vermeiden.

- Bei positiver Kenntnis eines strafbaren Verhaltens des Mandanten im Sinne einer Katalogtat nach § 261 Abs. 1 StGB und bei weiterer Kenntnis, dass hieraus Vermögensvorteile durch den Mandanten erzielt wurden, ist das Mandat zwingend niederzulegen, weitere Honorarzahlungen dürfen nicht mehr entgegengenommen werden. Dies gilt aber dann nicht, wenn positive Kenntnis darüber besteht, dass die Honorierung aus einer unbemakelten Einkunftsquelle fließt.

- Auf bargeldloser Leistung der Honorarzahlungen sollte bestanden werden. Hohe Bargeldzahlungen sind zu vermeiden.

- Treuhandgelder sollten in der Regel vermieden werden und allenfalls im Rahmen enger Zweckbindung mit dem Mandat abgewickelt werden.

In Zweifelsfällen sollte bei erfahrenen Kollegen oder den Rechtsanwaltskammern Rücksprache genommen werden, bevor ein unvertretbares Risiko eingegangen wird.

RAin Anke Müller-Jacobsen
RAin Dr. Anne Wehnert
RA Dr. Eckhart Müller