Eine selbstständige Rechtsanwältin, die befristet als wissenschaftliche Mitarbeiterin an einer Universität arbeitet, kann für diese Tätigkeit nicht von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit werden. Dies entschied das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen in einem jüngst veröffentlichten Urteil.
Anlass für die Entscheidung gab eine zu Beginn des Berufslebens nicht seltene Konstellation: Neben der anwaltlichen Tätigkeit arbeitet die Anwältin oder der Anwalt, mit zeitlich befristetem Vertrag, als wissenschaftliche Mitarbeiterin bzw. wissenschaftlicher Mitarbeiter an einer Universität, meist mit dem Ziel zu promovieren. In der konkreten Ausgestaltung fiel die betroffene Rechtsanwältin im Ergebnis zwischen allen Befreiungsmöglichkeiten durch.
Sie war seit 2003 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen und war bereits mehrfach, zuletzt im Jahr 2012, wegen ihrer wissenschaftlichen Mitarbeit bzw. ihrer Anstellung als Doktorandin an einem universitären Institut – noch unter der früheren Rechtslage – von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit gewesen. Zum 1.4.2016 beantragte sie erneut die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht für eine zeitlich befristete Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an einer Universität. Ihren Antrag stützte die Klägerin darauf, dass entweder ihre Forschungs- und Lehrtätigkeit als anwaltlich zu werten sei oder ihre Befreiung für die anwaltliche Tätigkeit auf die Tätigkeit an der Universität zu erstrecken sei; hilfsweise beantragte sie die Befreiung von der Versicherungspflicht als Syndikusrechtsanwältin, eine solche Zulassung hatte sie bei der Rechtsanwaltskammer beantragt.
Der Befreiungsantrag hatte keinen Erfolg. Den dagegen gerichteten Widerspruch wies der Rentenversicherungsträger zurück. Dagegen wandte sich die Klägerin mit ihrer Klage, die das SG Köln abwies. Ihre Berufung hatte beim LSG Nordrhein-Westfalen ebenfalls keinen Erfolg.
Das LSG hielt fest, dass die Klägerin unter keinem Gesichtspunkt Anspruch auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht für ihre Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität habe. Die Tätigkeit sei nicht anwaltlich. Eine Befreiung als Syndikusrechtsanwältin scheitere bereits daran, dass die Klägerin nicht als solche zugelassen sei.
Eine Erstreckung einer Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht auf die Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin sei nicht möglich. Denn eine Erstreckung setze das Vorliegen einer Befreiung voraus, die nur bei dem Grunde nach versicherungspflichtigen Personen, etwa bei angestellten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, möglich sei. Als selbstständige Rechtsanwältin sei die Klägerin aber dem Grunde nach nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig.
Die zunächst eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision, beim BSG anhängig unter dem Az. B 12 R 9/22 B, hat die Klägerin zwischenzeitlich zurückgenommen.
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