Gerichte dürfen nur bei begründeten Zweifeln von Amts wegen Zweifel an der Bevollmächtigung der Anwältin oder des Anwalts berücksichtigen. Das hat das Bundesverfassungsgericht in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss entschieden
Dem Beschluss liegt eine Entscheidung des OVG Sachsen-Anhalt zugrunde. Der Eigentümer eines Grundstücks mit einem Gewässer hatte auf die Feststellung geklagt, dass er Mitglied der örtlichen Fischereigenossenschaft sei. Das VG Magdeburg hatte die Klage abgewiesen. Dagegen hatte der Beschwerdeführer Dienstaufsichtsbeschwerde eingelegt, weil das Gericht seiner Meinung nach zu Unrecht den Terminsverlegungsantrag seines – namentlich benannten – erkrankten Prozessvertreters abgelehnt habe.
Der Prozessvertreter hatte unter dem 12.11.2020 die Zulassung der Berufung beantragt. Am 20.11.2020 forderte ihn das OVG Magdeburg auf, die Prozessvollmacht im Original bis zum 27.11.2020 vorzulegen. Diese Frist konnte er jedoch nicht einhalten, weil sich der Postlauf vom Beschwerdeführer an ihn verzögert hatte; auf Nachfrage des Gerichts erläuterte er diese Umstände umgehend. Tatsächlich erhielt er die Vollmacht erst am 8.12.2020 und leitete sie dann umgehend an das OVG weiter, wo sie am 11.12.2020 einging. Er beantragte zudem eine Fristverlängerung für die Begründung des Zulassungsantrags mit Blick auf die bevorstehenden Feiertage.
Allerdings hatte das OVG bereits am 3.12.2020 den Antrag auf Zulassung der Berufung als unzulässig verworfen, weil der Prozessvertreter seine ordnungsgemäße Bevollmächtigung nicht habe nachweisen können. Das Gericht habe dies auch von Amts wegen prüfen dürfen, weil besondere Umstände Anlass für Zweifel begründeten, ob eine hinreichende Prozessvollmacht für das eingeleitete Verfahren bestehe. Denn bereits im erstinstanzlichen Verfahren sei keine Vollmacht vorgelegt worden. Zudem habe der Anwalt auf die gerichtliche Anforderung nicht umgehend die Vollmacht vorgelegt oder die Umstände erklärt, die dem entgegenstünden. Auch die Beantragung einer nicht unerheblichen Fristverlängerung könne auf einen fehlenden Kontakt zum Beschwerdeführer hindeuten.
Gegen diesen Beschluss des OVG erhob der Grundstückseigentümer Verfassungsbeschwerde und rügte u.a. eine Verletzung seines Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 IV 1 GG und auf ein faires Verfahren.
Das BVerfG hielt die Verfassungsbeschwerde für begründet. Es habe für das OVG kein Anlass bestanden, den Antrag auf Zulassung der Berufung zu verwerfen. Gerichte dürften den Anspruch auf gerichtliche Durchsetzung der eigenen Rechte nicht durch übermäßig strenge Handhabung verfahrensrechtlicher Schranken unzumutbar verkürzen. Genau dies sei hier aber geschehen.
Einen Mangel der Vollmacht dürfe das Gericht nach § 67 VI 3 und 4 VwGO nur ausnahmsweise von Amts wegen berücksichtigen, wenn die Art und Weise der Prozessführung beziehungsweise sonstige besondere Umstände dazu berechtigten Anlass geben. Dafür reiche der Fristablauf alleine nicht. Der Mandant habe in der Dienstaufsichtsbeschwerde seinen Anwalt namentlich benannt, das spreche unmissverständlich für dessen Bevollmächtigung. Für „überhaupt nicht nachvollziehbar“ hält das BVerfG, weshalb die Beantragung der Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist hier auf einen Abbruch des Kontakts des Bevollmächtigten zum Beschwerdeführer hindeuten sollte. Zudem habe eine Frist von einer Woche für die Vorlage der Vollmacht im Original auf keinen Fall ausgereicht. Eine solche Begrenzung habe jedenfalls in diesem Fall der Effektivität des Rechtsschutzes widersprochen, zumal kein besonderer Eil- und Beschleunigungsbedarf bestanden habe und die Frist zur Begründung des Zulassungsantrags noch nicht abgelaufen gewesen sei.
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