Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe wurde durch eine Reihe bedeutsamer Änderungen auch das anwaltliche Berufsrecht reformiert. Das Gesetz wurde am 23.03.2017 beschlossen und ist in seinen wesentlichen Teilen am Tag nach seiner Verkündung in Kraft getreten.

 

Nicht alles, was zunächst in den Gesetzentwürfen enthalten war, hat allerdings auch tatsächlich als Änderung Einzug in die BRAO gefunden.

So erhält die Satzungsversammlung keine Ermächtigungsgrundlage dafür, die allgemeine anwaltliche Fortbildungspflicht (§ 43a Abs. 6 BRAO) zu konkretisieren. Damit bleibt Deutschland einer der wenigen Mitgliedsstaaten der EU, in denen es keine konkretisierte Fortbildungspflicht gibt. Die Satzungsversammlung hat in ihrer Sitzung am 19.05.2017 daher eine Resolution verabschiedet, wonach das BMJV und der Gesetzgeber aufgefordert werden, sich unter Berücksichtigung der Argumente der Satzungsversammlung kurzfristig mit der Angelegenheit erneut zu befassen.

Auch die zunächst vorgesehene Berufspflicht, innerhalb des ersten Jahres nach der erstmaligen anwaltlichen Zulassung an einer Lehrveranstaltung über das rechtsanwaltliche Berufsrecht teilnehmen zu müssen, wurde gestrichen.

Ebenfalls entfallen ist die im Regierungsentwurf des Reformgesetzes vorgesehene Möglichkeit, eine Rüge der Rechtsanwaltskammer mit einer Geldbuße bis zu 2.000,00 € verbinden zu können.

Eingeführt hingegen ist ab dem 01.07.2018 die Briefwahl zum Kammervorstand, allerdings nicht, wie von der Bundesrechtsanwaltskammer und den regionalen Rechtsanwaltskammern gewünscht, als optionale Möglichkeit neben der Präsenzwahl in der Kammerversammlung, sondern zwingend.

 

Die wesentlichen Änderungen im Überblick:

 

Besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA)

In § 31a Abs. 1 S. 2 BRAO wir klargestellt, dass die Bundesrechtsanwaltskammer das beA “empfangsbereit“ einzurichten hat. In § 31a Abs. 6 BRAO wird zugleich die Pflicht statuiert, die für die Nutzung des beA erforderlichen technischen Einrichtungen vorzuhalten sowie Zustellungen und den Empfang von Mitteilungen über das beA zur Kenntnis zu nehmen (sog. passive Nutzungspflicht). Dies allerdings, wie sich aus Artikel 20 Abs. 4 Nr. 1 des Reformgesetzes ergibt, erst ab dem 01.01.2018. Die Zeit bis dahin soll als freiwillige Erprobungsphase dienen.

 

Wahlen zum Kammervorstand

Die Vorstandsmitglieder werden künftig per Briefwahl gewählt. Zudem kann auch eine elektronische Wahl erlaubt werden. Die Entscheidung obliegt der Rechtsanwaltskammer, die das Nähere zur Wahl durch Geschäftsordnung bestimmen kann, § 64 BRAO. Eine Öffnungsklausel, die es der Rechtsanwaltskammer auch ermöglichen würde, von einer Briefwahl abzusehen und bei einer Präsenzwahl zu verbleiben, ist nicht vorgesehen. Die Änderungen des Wahlsystems werden am 01.07.2018 in Kraft treten. Die Wahlen zum Vorstand der Rechtsanwaltskammer Hamm im nächsten Jahr werden also noch als Präsenzwahl in der Kammerversammlung am 18.04.2018 durchgeführt.

 

 

Syndikusrechtsanwälte

Für Syndikusrechtsanwälte sieht das Gesetz vor, mit der Zulassung rückwirkend die Kammermitgliedschaft zu dem Zeitpunkt zu begründen, an dem der Zulassungsantrag bei der Rechtsanwaltskammer eingegangen ist. Wird die Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt später aufgenommen, beginnt die Mitgliedschaft ab Aufnahme der Tätigkeit. Hierdurch sollen kontinuierliche Rentenbiographien erreicht werden.

 

Anwaltliche Handakte

Die Aufbewahrungsdauer der anwaltlichen Handakte ist gem. § 50 Abs. 1 S. 2 BRAO von 5 auf 6 Jahre verlängert worden. Die Frist beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem der Auftrag beendet wurde. Ausdrücklich normiert ist nun auch die berufsrechtliche Pflicht, die Handakte dem Antraggeber herauszugeben, falls dieser es verlangt.

 

Zustellung von Anwalt zu Anwalt

Der Gesetzgeber hat der Satzungsversammlung die Befugnis übertragen, die Pflichten bei Zustellung von Anwalt zu Anwalt zu regeln, welche nach Auffassung des BGH (Urteil vom 26.10.2015 – AnwSt (R) 4/15) bislang fehlte.

 

RDG

In § 1 RDG wird als Absatz 2 eingefügt, dass das Rechtsanwaltsdienstleistungsgesetz nur gilt, wenn der Gegenstand einer Rechtsdienstleistung, die ausschließlich aus einem anderen Staat heraus erbracht wird, deutsches Recht ist. Eine weitergehende Öffnung des Anwendungsbereichs des RVG konnte hierdurch abgewendet werden.

 

Synopsen

Die Bundesrechtsanwaltskammer hat zwei Synopsen erstellt, die die Änderungen der Bundesrechtsanwaltsordnung und des Gesetzes über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland (EURAG) verdeutlichen. Sie finden die Synopsen über einen Link im KammerInfo Nr. 7/2017.

 

RA Stefan Peitscher, Hauptgeschäftsführer