Was passiert eigentlich, wenn zwar eine qualifizierte Signatur (qeS) eines Dokuments erstellt wurde, aber anschließend vergessen wurde, zusammen mit dem signierten Dokument auch die Signaturdatei an das Gericht zu übermitteln? Das hat das Potenzial zu einem Klassiker-Fehler – fast so wie das Vergessen des in einer E-Mail vollmundig angekündigten Anhangs… Mit genau dieser Frage hatte sich jüngst das OLG Karlsruhe (Beschl. v. 16.7.2019 – 17 U 423/19) zu befassen.
In der Sache ging es um die Wahrung einer Berufungsfrist. Der Schriftsatz wurde als elektronisches Dokument, ohne die Signaturdatei und leider nicht per beA, sondern mit einem EGVP-Client an das Gericht übersandt. Das Gericht wies den Prozessbevollmächtigten bereits am nächsten Tag auf das Versäumnis (also das Fehlen der Signaturdatei) und die wiederum einen Tag später ablaufende Frist hin.
Der anwaltliche Vertreter entgegnete aber lediglich ein paar Tage nach Fristablauf, aus der Eingangsbestätigung ergebe sich nach seiner Meinung, dass eine qualifizierte elektronische Signatur (qeS) der ursprünglichen Nachricht beigefügt gewesen sei. Zugleich wurde der Schriftsatz mit Originalunterschrift parallel an das Gericht gefaxt. Wiedereinsetzung wurde weder beantragt noch begründet.
Auf einen nochmaligen Hinweis des Gerichts reichte der Prozessbevollmächtige die Datei mit der qeS mittels EGVP-Client nach und beantragte Wiedereinsetzung. Durch einen „technischen Fehler“ sei die qeS der Nachricht nicht beigefügt gewesen. Der Kanzleimitarbeiter habe entgegen anders lautender Weisung die Eingangsbestätigung nicht darauf kontrolliert, ob die qeS mit beigefügt gewesen sei. Erst zusammen mit dem jüngsten Hinweis des Gerichts sei der durch das Gericht erstellte Signaturprüfbericht übersandt worden, aus dem sich die Kenntnis vom Fristversäumnis ergeben und damit die Wiedereinsetzungsfrist zu laufen begonnen hätte.
Das OLG stellte völlig zurecht fest, dass das elektronische Dokument nach § 130a III Alt. 1 ZPO zur Frist- und Formwahrung zwingend mit einer qeS versehen sein müsse, wenn nicht ein sicherer Übermittlungsweg genutzt werde. Ansonsten sei die Berufung formunwirksam. Ein Nachreichen sei nicht möglich. Die digitale Unterschrift müsse zum Zeitpunkt des Eingangs bei Gericht nachprüfbar gesetzt sein. Eine Heilung nach § 130a VI ZPO komme in diesen Fällen nicht in Betracht, da die Vorschrift nur bei einer Verletzung der technischen Rahmenbedingungen (konkret: der ERVV) greife.
Eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand scheiterte übrigens bereits an der Fristwahrung nach § 234 ZPO. Gleiches galt für die Wiedereinsetzung von Amts wegen, denn auch hier müssten die tatsächlichen Voraussetzungen der Wiedereinsetzung innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist offenkundig oder aktenkundig sein.
Somit kam es auf die Prüfung des Verschuldens schon gar nicht mehr an. Es erscheint allerdings fraglich, ob die organisatorische Anweisung des Prozessbevollmächtigten an seinen Mitarbeiter, das Sendeprotokoll daraufhin zu kontrollieren, ob das elektronische Dokument ordnungsgemäß signiert sei, wirklich ausreichend sein kann. Entscheidend dürfte es wohl doch (nur) sein, dass das Prüfprotokoll eine ordnungsgemäße Signatur ausweist. Nur am Rande sei darauf hingewiesen, dass eine Signatur grundsätzlich auch in ein PDF eingebettet werden darf (vgl. Nr. 4 lit. b der ERVB 2018: „inline signature“; beA-Newsletter 21/2019), dann ist über eine Sendebestätigung überhaupt nicht erkennbar, ob eine gültige Signatur vorliegt.