von Rechtsanwältin und Fachanwältin für Strafrecht Elke Werner, Dortmund

KammerReport Nr. 4/2018 vom 05.09.2018 S. 7 ff

 

I.  Grundsätzliche Voraussetzungen für die Abzugsfähigkeit

Die steuerliche Abzugsfähigkeit von Kosten der Strafverteidigung setzt voraus, dass es sich bei diesen Kosten um Betriebsausgaben im Sinne von § 4 Abs. 4 EStG (Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind) oder um Werbungskosten im Sinne von § 9 Abs. 1 EStG (Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen) handelt.

Strafverteidigungskosten sind dann als Betriebsausgaben oder als Werbungskosten abziehbar, wenn der strafrechtliche Vorwurf durch das berufliche Verhalten des Steuerpflichtigen veranlasst ist. Dies bedeutet, dass die Tat, die dem strafrechtlichen Vorwurf zu Grunde liegt, ausschließlich und unmittelbar aus der steuerbaren beruflichen Sphäre des Steuerpflichtigen heraus erklärbar sein muss.[1] Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Tatvorwurf zu Recht oder zu Unrecht erhoben worden ist. Die Abzugsfähigkeit der Strafverteidigungskosten setzt also nicht voraus, dass das Verfahren gegen den Steuerpflichtigen eingestellt wird oder ein Freispruch erfolgt. Auch bei einer Verurteilung zu einer vorsätzlichen Tat ist die Abzugsfähigkeit der Strafverteidigungskosten grundsätzlich nicht ausgeschlossen.[2]

Schädlich für einen Abzug kann allerdings eine private Mitveranlassung der Aufwendungen sein, weil gemischt veranlasste Strafverteidigungskosten nicht objektiv aufteilbar sind.[3] Ein eindeutiger Zuordnungsmaßstab betreffend diese Kosten auf der Grundlage der beruflich veranlassten Tatvorwürfe einerseits und der privat veranlassten andererseits dürfte die Ausscheidung der privat veranlassten Kosten hingegen ermöglichen und zu der Abziehbarkeit der beruflich veranlassten Strafverteidigungskosten als Werbungskosten oder Betriebsausgaben führen.[4]

Sind die Strafverteidigungskosten dem Grunde nach abzugsfähig, besteht in Bezug auf ihre Höhe keine Begrenzung. So sind die Kosten des Strafverteidigers nicht nur in Höhe der gesetzlichen Gebühren nach dem RVG abzugsfähig, sondern auch die auf Grund einer Honorarvereinbarung gezahlten höheren Kosten.[5]

 

II. Einzelfragen der Abzugsfähigkeit

1.  Kein Vorsteuerabzug

Ist der Empfänger der Rechnung über die Strafverteidigungskosten unternehmerisch tätig und ist er deshalb grundsätzlich vorsteuerabzugsberechtigt, so stellt sich die Frage, ob die in dieser Rechnung in Ansatz gebrachte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend gemacht werden kann.

 

Nachdem auf die Vorlage des BFH[6] ein Urteil des EuGH[7] ergangen war, folgte der BFH[8] dessen Entscheidung und entschied seinerseits:

 

„1. Der für den Vorsteuerabzug erforderliche direkte und unmittelbare Zusammenhang zwischen der Eingangsleistung und der Tätigkeit des Steuerpflichtigen bestimmt sich nach dem objektiven Inhalt der von ihm bezogenen Leistung.

2. Anwaltsdienstleistungen, deren Zweck darin besteht, strafrechtliche Sanktionen gegen natürliche Personen zu vermeiden, die Geschäftsführer eines steuerpflichtigen Unternehmens sind, eröffnen keinen Anspruch auf Vorsteuerabzug.“

 

Der Abzug der Umsatzsteuer aus der Rechnung über die Kosten einer Individualstrafverteidigung als Vorsteuer bei dem Empfänger der Rechnung ist also nicht (mehr) möglich.

 

2.  Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 EStG

Nach dieser Vorschrift dürfen Betriebsausgaben den Gewinn des Unternehmens nicht mindern, wenn es sich um Zuwendungen von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen handelt und diese Zuwendungen der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellen, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt. Die Vorschrift ist über eine Verweisung in § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG sinngemäß auf Werbungskosten anwendbar.

Einem Abzugsverbot unterliegen damit Geld- und Sachzuwendungen, die im Zusammenhang mit einer unlauteren Beeinflussung eines Entscheidungsvorgangs stehen. In den Blick genommen sind hier insbesondere die Korruptionsstraftatbestände der §§ 299 ff., §§ 331 ff. StGB.

 

Das für die „Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen“ geltende Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 EStG erfasst jedoch nicht nur die Bestechungsgelder als solche, sondern auch die Kosten eines nachfolgenden Strafverfahrens.[9]

Damit sind die Strafverteidigungskosten, die anlässlich eines Verfahrens entstanden sind, das strafbewehrte Vorteilszuwendungen zum Gegenstand hatte, nicht abzugsfähig.

 

3.  Keine Abzugsfähigkeit als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG

Diese Vorschrift erlaubt den Abzug von dem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstandenen größeren Aufwendungen, die nicht zu den Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben gehören (Abs. 2 Satz 2).

„Zwangsläufig“ sind Aufwendungen, wenn sich der Steuerpflichtige ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann, soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig waren und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (Abs. 2 Satz 1).

Ein Abzug der Strafverteidigungskosten als außergewöhnliche Belastungen scheitert daran, dass diese Kosten nicht „zwangsläufig“ im Sinne des § 33 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 EStG entstanden sind.[10] Der Beschuldigte, der wissentlich und vorwerfbar gegen die strafbewehrten Regeln des Gemeinwesens verstößt, hat den daraus folgenden staatlichen Eingriff zu dulden. Deshalb sind die Kosten der Strafverteidigung, die einem wegen einer vorsätzlichen Tat verurteilten Steuerpflichtigen entstanden sind, nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar.[11] Dies gilt auch, wenn das Verfahren nach § 153a StPO eingestellt worden ist.[12]

Wird ein Steuerpflichtiger in einem gegen ihn gerichteten Strafverfahren mit der Folge freigesprochen, dass die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeklagten die Staatskasse zu tragen hat, so erhält der Steuerpflichtige die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Verteidigers erstattet. Hat der Steuerpflichtige mit seinem Verteidiger ein Honorar vereinbart, das die gesetzlichen Gebühren übersteigt, so stellen die auf der Honorarvereinbarung beruhenden Strafverteidigungskosten keine außergewöhnliche Belastung dar, da ihm diese nicht „zwangsläufig“ im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen sind.[13]

 

4.  Abzugsfähigkeit bei Übernahme von Strafverteidigungskosten eines Mitarbeiters durch das Unternehmen

Übernimmt ein Unternehmen als Arbeitgeber die Strafverteidigungskosten eines Mitarbeiters oder des Geschäftsführers, sind diese Kosten als Betriebsausgaben absetzbar.

Zu beachten ist, dass, sofern die Übernahme der Strafverteidigungskosten nicht ausnahmsweise in ganz überwiegendem eigenbetrieblichem Interesse des Unternehmens liegt, dies in jedem Fall Arbeitslohn für den Mitarbeiter (oder den Geschäftsführer) darstellt. Demnach ist ein Lohnsteuerabzug vorzunehmen, und – sofern Sozialversicherungspflicht besteht – es sind Sozialabgaben einzubehalten und abzuführen.

 

III.   Schlussbemerkung

Wegen der Besonderheiten jedes Einzelfalls ist zu empfehlen, steuerliche Beratung in Anspruch zu nehmen.



[1]Ständige Rechtsprechung des BFH, siehe nur BFH Urteil v. 16.04.2013 – IX R 5/12, BStBl. II 2013, 806 = wistra 2013, 441; BFH Urteil v. 18.10.2007 – VI R 42/04, BStBl. 2008, 223 = NJW 2008, 1342; BFH Urteil v. 12.06.2002 – XI R 35/01, BFH/NV 2002, 1441.

[2]BFH Urteil v. 21.06.1989 – X R 20/88, BStBl. II 1989, 831.

[3]BFH Urteil v. 20.09.1989 – XR 43/86, NJW 1990, 732.

[4]BFH Urteil v. 21.09.2009 – GrS 1/06, BFHE 227, 1 = BStBl. II 2010, 672 (Einschränkung des Aufteilungsverbots).

[5]BFH Urteil v. 18.10.2007 – VI R 42/04, NJW 2008, 1342, 1344 = BStBl. 2008, 223.

[6]Beschluss v. 22.12.2011 – V R 29/10, wistra 2012, 242.

[7]Urteil v. 21.02.2013 – C-104/12, NJW 2013, 1585.

[8]Urteil v. 11.04.2013 – V R 29/10, BStBl. II 2013, 840 = wistra 2013, 355.

[9]BFH Urteil v. 14.05.2014 – X R 23/12, BStBl. II 2014, 684 = wistra 2014, 493 (LS).

[10]S. die Regelung in § 33 Abs. 2 S. 4 EStG (seit VZ 2013) zum Abzugsverbot von Prozesskosten.

[11]BFH Urteil v. 16.04.2013 – IX R 5/12, BStBl. II 2013, 806 = NJW 2013, 3263, 3264; ihm folgend BFH Urteil v. 14.05.2014 – X R 23/12, BStBl. II 2014, 684, 694 = wistra 2014, 493 (LS).

[12]BFH Beschluss v. 13.12.2016 – VIII R 43/14, BFH/NV 2017, 569 = NJW-Spezial 2017, 250 (red. LS, Kurzwiedergabe) = PStR 2017, 153 (red. LS, Kurzwiedergabe); schon BFH Urteil v. 19.12.1955 – III R 177/94, BStBl. II 1996, 197.

[13]BFH Urteil v. 18.10.2007 – VI R 42/04, NJW 2008, 1342 = wistra 2008, 113.