zusammengestellt von Rechtsanwältin und Fachanwältin für Strafrecht

Elke Werner, Dortmund

KammerReport Nr. 4/2016 vom 15.09.2016 Seite 10 f

 

 

Aktuelle Gesetzgebung/Gesetzgebungsvorhaben

zusammengestellt von Rechtsanwältin und Fachanwältin für Strafrecht

Elke Werner, Dortmund

 

I. Gesetzgebung

 

- Gesetz zur Stärkung des Rechts des Angeklagten auf Vertretung in der Berufungsverhandlung und über die Anerkennung von Abwesenheitsentscheidungen in der Rechtshilfe vom 24.07.2015 (BGBl. I 2015, 1332), insbesondere Neuregelung des § 329 StPO

 

- 3. Opferrechtsreformgesetz vom 21.12.2015 (BGBl. I 2015, 2525) mit Änderungen/Verbesserungen im Opfer-/Zeugenschutz (vgl. dazu Ferber, NJW 2016, 279)

 

- Gesetz zur Reform des Sexualstrafrechts: Der 6. Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat am 06.07.2016 den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung – verabschiedet (BT-Drs. 18/9097); der Bundestag hat das Gesetz am 07.07.2016 in zweiter und dritter Lesung beschlossen (vgl. Nachricht in FD-StrafR 2016, 379633). Ausweislich der Begründung der Beschlussempfehlung wird der Grundsatz des „Nein heißt Nein“ in das StGB (mit Folgeänderungen in anderen Gesetzen) implementiert.

- Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 20.11.2015 (BGBl. I 2015, 2025).
Durch dieses Gesetz haben die Bestechungsdelikte wesentliche Änderungen erfahren. Die Änderungen haben zu bedeutenden Strafbarkeitserweiterungen geführt. Geändert wurden die §§ 299, 301 f., 331 ff., 336, 338 StGB. § 335a StGB wurde neu geschaffen. Anlass hierzu war der Umsetzungsbedarf der in dem Strafrechtsübereinkommen des Europarats vom 27.01.1999 über Korruption (ETS Nr. 173), dem Zusatzprotokoll vom 15.05.2003 zum Strafrechtsübereinkommen des Europarats über Korruption (ETS Nr. 191), dem Rahmenbeschluss 2003/568/JI des Rates vom 22.07.2003 zur Bekämpfung der Bestechung im privaten Sektor (ABl. L 192 vom 31.07.2003, S. 54) und in dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 31.10.2003 gegen Korruption erarbeiteten Rechtsinstrumente in das deutsche Strafrecht.

  
Dazu u. a.: Walther, WiJ 2015, 152; Papathanasiou, wistra 2016, 175; Gaede, NZWiSt 2014, 281

 

- Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen vom 30.05.2016 (BGBl. I 2016, 1254), insbesondere zur Neuschaffung der §§ 299a, 299b StGB (vgl. dazu den sog. „Kassenarzt-Beschluss“ des Großen Senats BGH in BGHSt 57, 202 = NStZ 2012, 505 = wistra 2012, 341 = StV 2012, 592);

  
Auswahl aus der Literatur zu dem Gesetz und seinem Entwurf: Dann/Scholz, NJW 2016, 2077;

  
Frank/Vogel, AnwBl 2016, 94; Lindemann, StV 2-2016 I (Editorial);

  
Bittmann/Brockhaus/Rübenstahl/Schröder/Tsambikakis, WisteV 2015, 186; Gaede/Lindemann/Tsambikakis, medstra 2015, 142;

  
Tsambikakis, Kommentierung des Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen, medstra 2016, 131

 

 

- Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherpflicht für Verkehrsdaten (VerkDSpG) vom 10.12.2015 (BGBl. I 2015, 2218), durch welches die Vorratsdatenspeicherung bei bestimmten, schwereren Straftaten wieder möglich ist.

 

- Erstes Finanzmarktnovellierungsgesetz (1. FiMaNoG) vom 30. Juni 2016 (BGBl. I 2016, 1514). Mit diesem Gesetz werden u. a. die Vorgaben der Richtlinie 2014/57/EU über strafrechtliche Sanktionen bei Marktmanipulation (Marktmissbrauchsrichtlinie, ABl. 2014 L 173, 179) in nationales Recht umgesetzt. Es soll eine Vereinheitlichung und Verschärfung der in den europäischen Mitgliedsstaaten bislang unterschiedlich geregelten Sanktionen erfolgen (insb. für den Insiderhandel, die Veröffentlichung von Ad-hoc-Mitteilungen und die Marktmanipulation). Einen Überblick über das neue Marktmissbrauchsrecht verschaffen Beukelmann, NJW-Spezial 2016, 376; von der Linden, DStR 2016, 1036 und Poelzig, NZG 2016, 528.

 

 

II. Gesetzgebungsvorhaben

 

- Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Erweiterung der Medienöffentlichkeit in Gerichtsverfahren und zur Verbesserung der Kommunikationshilfen für Menschen mit Sprach- und Hörbehinderungen (EMöGG) vom 31.08.2016 (abrufbar unter http://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RegE_Erweiterung_Medienoeffentlichkeit_Gerichtsverfahren.html). Der Entwurf bezweckt die moderate Lockerung des bisherigen Verbots der Medienübertragung aus Gerichtsverhandlungen (bisheriger § 169 Abs. 2 GVG).

 

 

- Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes gegen Nachstellungen vom 13.07.2016 (abrufbar unter http://bmjv.de/SharedDocs/Gesetz-gebungsverfahren/DE/Stalking.html). Der zum 31.03.2007 eingeführte Stalkingparagraf § 238 StGB hat sich aus Opferschutzgründen als nicht weitreichend genug erwiesen, da der Tatbestand bislang nur dann erfüllt ist, wenn die Tat eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung des Opfers verursacht hat; § 238 StGB soll nach dem Willen des Bundesjustizministers Heiko Maas potenzielles Gefährdungsdelikt werden.

 

- Regierungsentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Strafverfahren und zur Änderung des Schöffenrechts vom 14. Juni 2016 (abrufbar auf der Homepage des BMJV), insbesondere Stärkung des Rechts des Beschuldigten auf Zugang zu einem Rechtsbeistand,
z. B. gesetzliche Fixierung des Anwesenheitsrechts des Verteidigers bei polizeilichen Vernehmungen.

 

- Referentenentwurf zur Reform der StPO vom 27. Mai 2016: Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens (abrufbar auf der Homepage des BMJV), basierend auf den Empfehlungen einer Expertenkommission; siehe die Beiträge von Schünemann StraFo 2016, 45; Gräfin von Galen, ZRP 2016, 42 und Basar, StraFo 2016, 226.

 

- Entwurf eines Gesetzes zur Novellierung des Rechts der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 des Strafgesetzbuches und zur Änderung anderer Vorschriften (Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 13.01.2016, Drucksache 18/7244); siehe zu dem Vorhaben die Aufsätze von Badle, medstra 2015, 139 und Aldenhoff/Valluet, medstra 2015, 195.

 

- Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Tötungsdelikte (Projekt seit 2014, u. a. Referentenentwurf des BMJV aus März 2016, Bericht des BMJV v. 29.06.2015).

 

- Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.07.2016 (abrufbar auf der Homepage des BMJV, wie auch diverse Stellungnahmen – Dt. Richterbund, BRAK …) zum Zwecke der Vereinfachung des Instruments der Vermögensbeschlagnahme und der Schließung „nicht vertretbarer“ Abschöpfungslücken. Der Entwurf setzt zudem die Richtlinie 2014/42/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 über die Sicherstellung und Einziehung von Tatwerkzeugen und Erlösen aus Straftaten in der Europäischen Union in innerstaatliches Recht um. Kernstück des Vorhabens ist die Streichung des § 73 Abs. 1 S. 2 StGB; die Ansprüche der Verletzten sollen künftig im Strafvollstreckungsverfahren befriedigt werden.

 

- Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vom 15.01.2016 (Gesetzentwurf zur Umsetzung der Richtlinie über die Europäische Ermittlungsanordnung in Strafsachen), vorgelegt durch das BMJV. Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung strafjustizieller Entscheidungen soll zukünftig auch im Bereich der transnationalen Beweiserhebung umfassend Geltung erlangen.

 

- Gesetzentwurf zur Änderung des Strafgesetzbuchs, des Jugendgerichtsgesetzes und der Strafprozessordnung vom 6. Juni 2016 (abrufbar auf der Homepage des BMJV) zur Steigerung der Effizienz der Strafverfolgung (z. B. Ausweitung des Anwendungsbereichs der Nebenstrafe Fahrverbot nach § 44 StGB auf alle Straftaten).