Auf Initiative des Freistaats Bayern hat der Bundesrat in seiner Sitzung am 14.6.2024 einen Gesetzesantrag beschlossen, nach dem die sog. Laienverteidigung künftig beschränkt werden soll. Sie soll künftig nur noch durch bestimmte Personengruppen möglich sein, insbesondere durch Familienangehörige, Juristinnen und Juristen mit zwei Staatsexamina sowie Vertreterinnen und Vertreter von Berufsverbänden, Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen.

Aktuell ist der Kreis der Personen ohne Anwaltszulassung, die nach § 138 II der Strafprozessordnung (StPO) vom Gericht als Verteidiger zugelassen werden können, gesetzlich nicht eingegrenzt. Solche sog. Laienverteidiger können etwa auch Freunde und Bekannte sein, Angehörige der steuerberatenden Berufe oder Richterinnen und Richter. Voraussetzung ist, dass sie genügend sachkundig und vertrauenswürdig erscheinen und sonst keine Bedenken gegen ihr Auftreten als Verteidiger bestehen.

Hinter der Gesetzesinitiative Bayerns steht die Befürchtung, dass die Gerichte aus Unkenntnis auch extremistische oder staatsfeindliche Personen als Verteidiger zulassen, die ihre Stellung im Verfahren nicht zur Wahrung der Rechte des Beschuldigten nutzen wollen. Diesen Personen gehe es vielmehr darum, Verhandlungen als Plattform für öffentlichkeitswirksame Propaganda im Gerichtssaal nutzen oder sie zu „sprengen“, also stark zu verzögern und so eine Verurteilung zu verhindern. Beispiele hierfür gebe es insbesondere aus dem Reichsbürgermilieu. Durch die vorgeschlagene Regelung will Bayern sicherstellen, dass Gesinnungsgenossen als Laienverteidiger nicht in Betracht kommen.

Im Vorfeld der Bundesratssitzung hat sich die BRAK sich auf Anfrage der Legal Tribune Online (LTO) kritisch zu dem Gesetzesvorhaben geäußert. Nach Ansicht der BRAK können die Gerichte bereits auf Basis der aktuellen Gesetzeslage Anhänger einer extremistischen oder staatsfeindlichen Weltanschauung als gewählte Personen i.S.v. § 138 II StPO – ggf. auch erst im Nachhinein – von der Verteidigung ausschließen. Der Gesetzentwurf bleibe einen Nachweis dafür schuldig, dass dies mit einem unzumutbaren Aufwand und mit dem Risiko weiterer Eskalation oder Verzögerung verbunden ist, bzw. dem nicht mit professionellem gerichtlichem Agieren adäquat begegnet werden könnte. Die BRAK warnt davor, einer gesellschaftlich unerwünschten Entwicklung begegnen zu wollen, indem im Straf- und Strafprozessrecht Beschuldigtenrechte eingeschränkt werden.

In eine ähnliche Richtung gehen auch die ablehnenden Positionen des Bundesministeriums der Justiz und des Deutschen Anwaltvereins, die in dem LTO-Beitrag ebenfalls erwähnt werden.

Über den vom Bundesrat beschlossenen Gesetzentwurf muss nunmehr der Bundestag entscheiden. Zuvor kann die Bundesregierung dazu Stellung nehmen. Die BRAK wird das weitere parlamentarische Verfahren kritisch begleiten.


Weiterführende Links:
LTO v. 11.6.2024
Gesetzesinitiative des Freistaates Bayern (BR-Drs. 206/24)
Bundesrat KOMPAKT v. 14.6.2024