Der Bundesgerichtshof (BGH) soll künftig in zivilrechtlichen Massenverfahren etwa gegen Automobilhersteller, Banken oder Versicherungen wichtige Rechtsfragen durch Leitentscheidungen vorab klären können. Das soll auch dann gelten, wenn eine Revision zurückgenommen wird. Die Instanzgerichte sollen dazu die Möglichkeit erhalten, bei ihnen anhängige Verfahren auszusetzen, wenn sie von der Beantwortung der Rechtsfrage abhängen, die der BGH im Leitentscheidungsverfahren beantworten wird. Dies sieht der im August von der Bundesregierung beschlossene Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines Leitentscheidungsverfahrens beim BGH vor.
Die BRAK hatte sich bereits früher im Zusammenhang mit der Bewältigung von Massenverfahren dafür ausgesprochen, dem BGH die Klärung von Rechtsfragen vorab zu ermöglichen, die für eine Vielzahl von bei den Instanzgerichten anhängigen Verfahren relevant sind. Sie unterstützt daher das Ziel des Entwurfs, die Zivilgerichtsbarkeit bei der Bewältigung von Massenverfahren zu entlasten.
Einzelne Regelungen hält die BRAK, auch in der Fassung des Regierungsentwurfs, noch verbesserungsfähig; sie hatte dazu bereits in ihrer Stellungnahme zum Referentenentwurf Anregungen für Änderungen gegeben. Dies betrifft unter anderem das Erfordernis einer Zustimmung der Parteien vor Aussetzung ihres von einer beabsichtigten Leitentscheidung des BGH betroffenen Verfahrens. Die BRAK bleibt zudem bei ihrer Einschätzung, dass ein Gesamtkonzept zur Bewältigung von Massenverfahren wünschenswert wäre.
Am 13.12.2023 fand zu dem Vorhaben eine Anhörung im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags statt, bei der Rechtsanwalt beim BGH Dr. Michael Schultz (BRAK-Ausschuss ZPO/GVG) für die BRAK als Sachverständiger auftrat. Den weiteren Gang des Gesetzgebungsverfahrens wird die BRAK ebenfalls begleiten.
Weiterführende Links:
Stellungnahme Nr. 68/2023
Regierungsentwurf
Stellungnahme Nr. 33/2023
Nachrichten aus Berlin 17/2023 v. 25.8.2023
Anhörung im Bundestags-Rechtsausschuss