Der BGH hat in einem aktuellen Beschluss klargestellt, dass es für eine erfolgreiche Ersatzeinreichung nicht zwingend einer anwaltlichen Versicherung der vorübergehenden technischen Unmöglichkeit bedarf. Er ließ in dem konkreten Fall einen Screenshot ausreichen.

Im zugrundeliegenden Verfahren hatte eine Anwältin am letzten Tag der Berufungsbegründungsfrist beim OLG Braunschweig per Fax eine weitere Fristverlängerung beantragt und in einem zusätzlichen Fax erläutert, dass die beA-Anwendung an diesem Tag vorübergehend ausgefallen sei. Dazu schickte sie einen Screenshot, der die temporäre Nichterreichbarkeit des beA belegte. Eine anwaltliche Versicherung des Sachverhalts erfolgte jedoch nicht.

Dies nahm das OLG zum Anlass, die Berufung des Klägers durch Beschluss als unzulässig zu verwerfen. Zwar habe der per Fax übermittelte Schriftsatz der Klägervertreterin ausreichend Mitteilung enthalten, dass der Antrag auf Fristverlängerung in der Form des § 130d S. 1 ZPO, also per beA, aus technischen Gründen vorübergehend unmöglich gewesen sei. Allerdings sei dies mangels anwaltlicher Versicherung nicht ausreichend gem. § 130d S. 3 ZPO glaubhaft gemacht worden.

Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluss des OLG war erfolgreich. Der IX. Zivilsenat des BGH führte aus, dass in dem konkreten Fall der von der Klägervertreterin übermittelte Screenshot als Augenscheinsobjekt gem. § 371 I ZPO zur Glaubhaftmachung der vorübergehenden beA-Störung nach § 130d S. 3 ZPO geeignet war. Denn sein Inhalt habe mit den Angaben in der beA-Störungsdokumentation auf der Internetseite der BRAK sowie dem Meldungsarchiv des beA-Supports übereingestimmt. Eine darüberhinausgehende anwaltliche Versicherung sei nicht zwingend erforderlich gewesen. Vielmehr habe das OLG die Anforderungen an die Glaubhaftmachung einer aus technischen Gründen beruhenden vorübergehenden Unmöglichkeit überspannt.

Unter diesen Umständen kann es nach Ansicht des BGH auch dahinstehen, ob das Berufungsgericht die von der Prozessbevollmächtigten des Klägers geschilderte Störung angesichts der auf der Internetseite der BRAK verfügbaren Informationen als offenkundig (§ 291 ZPO) hätte behandeln können.


Weiterführender Link:
BGH, Beschl. v. 10.10.2023 – XI ZB 1/23