Staatsanwaltschaften ordnen derzeit vermehrt die Beschlagnahme und Sichtung der papiernen sowie digitalen Korrespondenz zwischen Beschuldigten und ihren Verteidigerinnen und Verteidigern an.
Den der BRAK vorliegenden Berichten von Anwältinnen und Anwälten zufolge geschieht dies insbesondere bei Sachverhalten mit Bezug zu Cum-Ex-Fällen oder Sanktionsverstößen, und zwar selbst dann, wenn Post explizit als „Verteidigerkorrespondenz“ gekennzeichnet oder erkennbar ist.
Verteidigerkorrespondenz ist der Sichtung der Staatsanwaltschaft grundsätzlich entzogen und unterliegt nach § 97 I StPO einem Beschlagnahmeverbot. Die Sichtung von Verteidigerkorrespondenz verstößt daher evident gegen die Beschlagnahmefreiheit und verletzt damit ein zentrales Beschuldigtenrecht.
Mit einem Schreiben an die Justizministerinnen und -minister der Länder, und damit an die Dienstherren der Staatsanwaltschaften, fordert die BRAK ein umgehendes Ende dieser rechtswidrigen Praxis und bittet die Länder um ihre Unterstützung. Denn die Vertraulichkeit der Kommunikation zwischen Mandantinnen/Mandanten und Anwältinnen/Anwälten muss mit Blick auf die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht (§ 43a BRAO) unantastbar bleiben. Diese schützt vor allem die Mandantinnen und Mandanten, aber auch das Interesse der Allgemeinheit an einer geordneten Rechtspflege.
Die BRAK fordert deshalb die zuständigen Ministerien auf, umgehend die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um das rechtswidrige Handeln der Strafverfolgungsbehörden zu unterbinden und die Rechte der Beschuldigten und ihrer Verteidiger bzw. von Mandantinnen und Mandanten und Anwältinnen und Anwälten zu wahren.
Weiterführende Links:
Präsidentenschreiben an die Landesjustizministerinnen und -minister v. 11.9.2023
Presseerklärung Nr. 7/2023 v. 11.9.2023