Zur Digitalisierung des Zivilprozesses laufen derzeit nicht nur Gesetzgebungsverfahren, sondern es wird zudem in einer Reihe von Projekten unter anderem der Landesjustizministerien untersucht, wie sich bestimmte Arten oder Bestandteile von Zivilverfahren durch digitale Tools effizienter und moderner gestalten lassen.

Der Erlanger Zivilprozessrechtler und ehemalige BGH-Richter Prof. Dr. Reinhard Greger will in einem aktuellen Forschungsprojekt erproben, ob durch eine strukturierte, computergestützte Verfahrensleitung mündliche Verhandlungen eingespart oder zumindest effektiver gemacht werden können.

Ausgangspunkt des Projekts ist die Entscheidung des Vorsitzenden, nach Zustellung der Klage einen frühen ersten Termin oder ein schriftliches Vorverfahren anzuordnen. Sofern ein Vorverfahren angeordnet wird, soll der Vorsitzende mit den Parteivertretern vorab per Videokonferenz den Verfahrensablauf erörtern, anstatt sie wie bislang standardmäßig zum Haupttermin zu laden.

Bei diesem „Organisationstermin“ sollen Abfolge und Zeit der beabsichtigten Verfahrenshandlungen festgelegt werden und nächste Schritte, z. B. informelle Erörterungstermine, eine Verweisung vor den Güterichter, eine Entscheidung im Verfahren ohne mündliche Verhandlung oder die Herbeiführung einer Erledigung der Hauptsache beschlossen bzw. in die Wege geleitet werden. Sodann soll dieser Verfahrensplan mit entsprechenden Verfügungen umgesetzt werden. Dabei sollen digitale Tools genutzt werden, etwa ein elektronischer Verfahrensplan nebst bearbeitbaren Vorlagen für die in Betracht kommenden Verfügungen, Abstimmungstools zur Terminfindung oder auch ein elektronisches Basisdokument. Derartige Organisationstermine sind z. B. in Schiedsverfahren schon länger etabliert.

Mit seinem Projekt zielt Greger darauf, den zeitlichen und organisatorischen Aufwand bei Justiz, Anwaltschaft und Parteien zu reduzieren, der durch unnötige Sitzungen und damit verbundene Reisen entsteht. Die Verfahren sollen dadurch beschleunigt werden, da Termine nicht mehr lange im Voraus anberaumt und wieder verlegt werden müssten. Auch Transparenz und Kommunikation zwischen den Verfahrensbeteiligten sollen so verbessert werden.

Im Rahmen des Pilotprojekts werden vor allem Richterinnen und Richter gebeten, ihre Erfahrungen mit digitalen Vorverfahren zu berichten, aber auch Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind höchst willkommen, ihre Erfahrungen zu diesem Thema zu teilen.

Die BRAK wird das Projekt weiterhin verfolgen.

Weiterführende Links:
Projektbeschreibung zum Pilotprojekt
Hintergrund zur Forschung von Prof. Greger