Steuerberaterinnen und Steuerberater nehmen seit dem 1.1.2023 über die elektronische Steuerberaterplattform und besondere elektronische Steuerberaterpostfächer (beSt) am elektronischen Rechtsverkehr teil.  Wie für Anwältinnen und Anwälte besteht auch für sie in gerichtlichen Verfahren eine aktive Nutzungspflicht. Die Verordnung, welche die Ausgestaltung von Plattform und Postfächern regelt, ist Gegenstand eines aktuellen Verfassungsbeschwerdeverfahrens. Zu diesem hat die BRAK auf Anfrage des Bundesverfassungsgerichts Stellung genommen.

Im Ausgangsverfahren hatte der Beschwerdeführer vor dem Finanzgericht Nürnberg geklagt. Seine Prozessbevollmächtigte legte die Klage am 17.1.2023 per Post ein und wies darauf hin, dass ihr eine Klageerhebung per besonderem elektronischen Steuerberaterpostfach (beSt) zu diesem Zeitpunkt noch nicht möglich sei, da sie noch keinen Registrierungsbrief dafür erhalten habe. Das FG bestätigte den Eingang der Klage. Nachdem sie den Registrierungsbrief erhalten hatte, teilte die Prozessbevollmächtigte dem Gericht per beSt mit, dass sie ab sofort das beSt nutze; die Kommunikation zu dem Verfahren erfolgte fortan ausschließlich auf diesem Weg.

Vier Monate nach Klageeingang erteilte das FG Nürnberg dem Beschwerdeführer einen Hinweis auf die Nutzungspflicht des beSt und gab Gelegenheit zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Dabei bezog es sich auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), der Steuerberaterinnen und Steuerberater auf das sog. Fast Lane-Verfahren zur Registrierung verwies und ihnen bei dessen Nichtnutzung die Wiedereinsetzung verwehrte. Schließlich wies das FG die Klage als unzulässig ab, da sie nicht formgerecht erhoben worden sei. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde nicht gewährt. Die dagegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde und Anhörungsrüge des Beschwerdeführers hatten keinen Erfolg; der BFH hielt hierbei an seiner strengen Rechtsprechung zur beSt-Registrierung fest.

Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner Verfassungsbeschwerde. Er rügt die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch Überraschungsentscheidung, des Gleichbehandlungsgrundsatzes, des Rechts auf ein faires Verfahren, des Gebots des effektiven Rechtsschutzes, der allgemeinen Vertrauensgrundsätze und des Willkürverbots.

In ihrer Stellungnahme kommt die BRAK zum Ergebnis, dass die Verfassungsbeschwerde begründet ist, da die angegriffenen Entscheidungen gegen die Rechte des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (Art. 103 I GG) und auf ein faires Verfahren (Art. 2 I i.V.m. Art. 20 III GG) verletzen. Der der erst einige Monate nach Klageerhebung erteilte Hinweis des FG Nürnberg erging verspätet, sodass er unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des FG sowie derjenigen des Bundesfinanzhofs, seinen verfassungsrechtlichen Zwecken nicht mehr genügen konnte und damit im konkreten Fall leerlief. Denn er war ungeeignet, einen noch fristgemäßen Wiedereinsetzungsantrag aufseiten des Beschwerdeführers bzw. seiner Prozessbevollmächtigten möglich zu machen.

Das BVerfG bat ferner um Erläuterung, wie sich der gesetzliche Rahmen und der zeitliche Ablauf der Einführung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) darstellte. Dies erläutert die BRAK ebenfalls in ihrer Stellungnahme.


Weiterführende Links:
Stellungnahme Nr. 78/2024
Verordnung über die Steuerberaterplattform und die besonderen elektronischen Steuerberaterpostfächer (StBPPV)
Nachrichten aus Berlin 19/2022 v. 21.9.2022 (Hintergrund zur StBPPV)