Das Statistische Berichtssystem für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (STAR) führt eine Befragung zum Einsatz von nicht-juristischem Fachpersonal durch. Die Umfrage wurde neu gestaltet und ist erstmals komplett digital.
Das Statistische Berichtssystem für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (STAR) wurde im Auftrag der BRAK vom Institut für Freie Berufe (IFB) in Nürnberg im Jahr 1993 ins Leben gerufen. Ziel dieser in regelmäßigen Abständen durchgeführten empirischen Erhebung ist es, die berufliche und wirtschaftliche Lage in der deutschen Anwaltschaft zu ergründen und neue Entwicklungen zu erkennen.
Die diesjährige Befragung widmet sich insbesondere dem Einsatz des nicht-juristischen Fachpersonals, also der Frage, wie die Anwaltschaft ihre Fachkräfte einsetzt. Daher sind wirtschaftliche Kennzahlen in der diesjährigen Umfrage nicht enthalten. In diesem Jahr ist die STAR-Befragung erstmals komplett digital.
Bitte unterstützen Sie die Forschung zur Anwaltschaft und nehmen unter diesem Link bis zum 31.7.2022 an der Befragung teil. Wir würden uns über eine Beteiligung von Ihnen an der STAR-Umfrage sehr freuen. Die Befragung benötigt 10 bis 15 Minuten Ihrer Zeit und ist vollkommen anonym.
Weiterführende Links:
Die Anwaltsorganisationen der G7-Staaten, darunter die Bundesrechtsanwaltskammer und der Deutsche Anwaltverein, fordern in einer gemeinsamen Resolution einen stärkeren Schutz des Berufsgeheimnisses. Den Angriffskrieg gegen die Ukraine verurteilen sie aufs Schärfste.
Am 27.5.2022 kamen die Anwaltschaftsorganisationen der G7-Staaten Deutschland, Frankreich, Italien, England und Wales, Kanada und Japan sowie Vertreter des Rates der europäischen Anwaltschaften (CCBE) zu ihrem jährlichen Treffen in Berlin zusammen. Im Nachgang dazu verabschiedeten die G7-Anwaltschaften eine Resolution, in der sie einen stärkeren Schutz des Berufsgeheimnisses einfordern. Dieses sei in jüngster Vergangenheit zunehmend und in inakzeptabler Weise unter Druck geraten. Vertrauliche Kommunikation im Rahmen anwaltlicher Beratung und Vertretung sei aber ein elementarer Bestandteil des Zugangs zum Recht. Die Regierungen der G7-Staaten werden daher aufgefordert, das Berufsgeheimnis und die unabhängige Berufsausübung von Anwältinnen und Anwälten so weit wie möglich vor staatlichen Eingriffen zu schützen und zudem die Anwaltschaften frühzeitig zu konsultieren, sobald Gesetzvorschläge das Berufsgeheimnis beeinträchtigen könnten.
In einer weiteren Resolution fordern die Anwaltschaften die Regierungen der G7-Staaten auf, Konsultationen auch auf der Ebene der Justizministerinnen und -minister durchzuführen. Dass sich auch diese zu fachlichen Themen austauschen, liege im ureigensten Interesse der Regierungen.
In einem gemeinsamen Statement verurteilen die G7-Anwaltschaften den von Russland geführten illegalen Angriffskrieg gegen die Ukraine und erklären sich solidarisch mit der ukrainischen Anwaltschaft sowie Bevölkerung.
Weiterführende Links:
Die BRAK sieht die geplante Schaffung einer zentralen Aufsicht über registrierte Rechtsdienstleister als wichtigen Schritt zu mehr Rechtssicherheit bei der Registrierung und Überwachung der Inkassodienstleister. Die wichtigsten Defizite in Bezug auf Inkassodienstleistungen würden damit jedoch nicht behoben.
Mit dem Mitte Mai vorgelegten Entwurf für ein Gesetz zur Stärkung der Aufsicht bei Rechtsdienstleistungen und zur Änderung weiterer Vorschriften des Rechts der rechtsberatenden Berufe soll die Aufsicht über registrierte Rechtsdienstleister künftig zentral beim Bundesamt für Justiz (BfJ) angesiedelt werden; die bisherige Aufsicht auf Landesebene durch unterschiedliche Gerichte und Behörden wird abgeschafft. Zudem sollen die Bußgeldvorschriften für geschäftsmäßig erbrachte unerlaubte Rechtsdienstleistungen ausgeweitet werden.
In ihrer Stellungnahme begrüßt die BRAK die geplanten Änderungen im Grundsatz. Die Zentralisierung der Aufsicht beim BfJ sei ein erster wichtiger Schritt zu mehr Rechtssicherheit bei der Registrierung und Überwachung der Inkassodienstleister. Darauf, dass die bisherige zersplitterte und uneinheitliche Aufsichtsstruktur völlig unzureichend ist, hatte die BRAK bereits in früheren Stellungnahmen im Zusammenhang mit Legal Tech-Angeboten hingewiesen.
Die Schaffung einer zentralen Aufsicht dürfe aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die wichtigsten Defizite bei der Registrierung von Inkassodienstleistungen damit nicht gelöst werden. Unklar sei insbesondere, was alles unter die Rechtsdienstleistungserlaubnis nach § 2 RDG falle; diese Rechtsunsicherheit beseitige das sog. Legal Tech-Gesetz nicht. Die erforderliche Sachkunde sei in § 11 RDG nach wie vor unzureichend geregelt, insbesondere für komplexe Rechtsgebiete wie Kartellrecht, das von gewerblichen Unternehmen im Gewand der Inkassodienstleistung angeboten werde. Hier bleibe der Gesetzgeber aufgefordert, für eine insgesamt kohärente Regelung zu sorgen, da diese Probleme nicht allein auf Verwaltungsebene und durch Zivilgerichte gelöst werden könnten.
Die BRAK weist zudem darauf hin, dass die Stärkung der Aufsicht nicht zu Lasten zivilrechtlicher Maßnahmen gehen dürfe und dass es keiner Änderung des § 3 RDG bedürfe; diese zentrale Vorschrift im RDG sollte nicht ohne Not geändert werden.
Außerdem regt die BRAK aus Anlass des Referentenentwurfs Änderungen im Zusammenhang mit § 59o BRAO n.F. an, der zum 1.8.2022 in Kraft treten wird. In Gesprächen mit Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten sowie mit Haftpflichtversicherern habe sich gezeigt, dass bei der Auslegung und Anwendung des § 59o BRAO n.F. Rechtsunsicherheiten bestehen. Die BRAK spricht sich daher für eine Klarstellung sowie für eine Änderung des Gesetzeswortlauts aus.
Weiterführende Links:
Mit einer geplanten Änderung des Raumordnungsgesetzes sollen Änderungen, die Planungsverfahren unter Corona-Bedingungen erleichtern sollten, zum Normalfall werden. Das beschneidet die Beteiligungsmöglichkeiten der Öffentlichkeit, kritisiert die BRAK.
Mit dem vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) vorgelegten Entwurf für ein Zweites Gesetz zur Änderung des Raumordnungsgesetzes sollen Regelungen für Planungsverfahren, die u.a. mit dem sog. Planungssicherstellungsgesetz als Sonderregelungen in der Zeit des coronabedingten Lockdowns geschaffen worden waren, nunmehr zum Normalfall werden. Damals wurde die Öffentlichkeitsbeteiligung in Planfeststellungsverfahren z.B. in den Bereichen Energie, Straßenbau, Netzausbau und Telekommunikation und in weiteren infrastrukturrelevanten Gebieten digitalisiert. Das Gesetz war ursprünglich bis Ende März 2021 befristet, die Befristung wurde später bis Ende Dezember 2022 verlängert. Entsprechende Regelungen für das Raumordnungsverfahren wurden später mit dem Investitionsbeschleunigungsgesetz geschaffen.
Nach dem Entwurf soll die Öffentlichkeitsbeteiligung in Raumordnungsverfahren eingeschränkt werden. Insbesondere sollen Stellungnahmen der Öffentlichkeit ausschließlich elektronisch möglich sein und beschlossene Raumordnungspläne ausschließlich im Internet veröffentlicht werden. Bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen soll eine allgemeine Öffentlichkeitsbeteiligung künftig ganz entfallen.
In ihrer Stellungnahme moniert die BRAK zunächst, dass ihr der Referentenentwurf mit einer ausdrücklich nicht verlängerbaren Frist von nur sieben Werktagen zur Stellungnahme übersandt worden sei, was eine fundierte Auseinandersetzung mit dem Entwurf nicht ermögliche. Eine Verbändebeteiligung sei zudem weder bei dem sog. „Osterpaket“ noch bei dem zwischenzeitlich in Kraft getretenen Gesetz zur Beschleunigung des Einsatzes verflüssigten Erdgases oder bei anderen Gesetzen des sog. „Sommerpakets“ durchgeführt worden. Eine "Hauruck-Gesetzgebung" ohne Einbindung der Fachöffentlichkeit hatte die BRAK im Zusammenhang mit der Corona-Gesetzgebung wiederholt kritisiert.
Aus Sicht der BRAK beschneiden die im Investitionsbeschleunigungsgesetz für das Raumordnungsverfahren auf der Grundlage des Planungssicherstellungsgesetzes eingeführten Einschränkungen die Beteiligungsmöglichkeiten der betroffenen Öffentlichkeit noch weiter. Das gelte insbesondere für die Teile der Öffentlichkeit, denen die digitalen Möglichkeiten nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung stehen. Mit der Übernahme der als Corona-Sonderrecht eingeführten Regelungen als Normalfall würden Beteiligungsrechte dauerhaft abgeschafft und damit rechtsstaatliche Mitwirkungsrechte beschnitten, ohne dass eine Notwendigkeit hierfür dargelegt werde.
Weiterführende Links:
Auf Anfrage des Bundesverfassungsgerichts hat die BRAK zu einem Vorlageverfahren Stellung genommen, das die sog. Zinsschranke bei der Bemessung des der Einkommensteuer unterfallenden Einkommens betrifft. Die entsprechende Regelung in § 4h EStG hält die BRAK für verfassungswidrig.
Dem beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängigen Verfahren liegt ein Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) aus dem Jahr 2015 zugrunde. Gegenstand des dortigen Verfahrens ist die in § 4h EStG in der für die Steuerjahre 2008 und 2009 geltenden Fassung geregelte sog. Zinsschranke. Diese bewirkt, dass bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens, das die Grundlage für die tarifliche Einkommensteuer bildet, Zinsaufwendungen nur eingeschränkt als Betriebsausgaben berücksichtigt werden. Zum einen können Zinsaufwendungen nur insoweit abgezogen werden, als im Veranlagungszeitraum Zinserträge erzielt wurden; zum anderen wird ein danach abzugsfähiger positiver Zinssaldo nur in Höhe von 30 % des Gewinns als Betriebsausgabe berücksichtigt.
Nach Ansicht des BFH verstößt das durch die Zinsschranke ausgelöste Abzugsverbot für Zinsaufwendungen gegen Art. 3 I GG, weil die Zinsabzugsbeschränkung ergebnisabhängig sei und damit das Gebot der folgerichtigen Ausgestaltung des Ertragssteuerrechts bzw. des Körperschaftssteuerrechts nach Maßgabe der finanziellen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen verletze. Die Leistungsfähigkeit beurteile sich nach dem objektiven und subjektiven Nettoprinzip. Ersteres gebiete, dass nur Einnahmen nach Abzug von Werbungskosten oder Betriebsausgaben Gegenstand der Einkommensbesteuerung sein dürfen; zweiteres verhindere die Besteuerung des Existenzminimums. Die Zinsschranke durchbreche das objektive Nettoprinzip, ohne dass es hierfür einen sachlichen Grund gebe. Die vom Gesetzgeber angeführten Argumente, u.a. Verhinderung von missbräuchlichen Steuergestaltungen, Gegenfinanzierung von Steuerentlastungen und Investitionsanreize, rechtfertigen aus Sicht des BFH die Beschränkung nicht.
Die BRAK hält die Vorlage des BFH für begründet. In ihrer Stellungnahme setzt sie sich eingehend damit auseinander, ob die vom Gesetzgeber angeführten Gründe hinreichend gewichtig sind, um eine Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips verfassungsrechtlich zu rechtfertigen. Die Regelungen in § 4h EStG 2009 verstoßen auch aus Sicht der BRAK gegen Art. 3 I GG. Sie weist allerdings darauf hin, dass die Ausgestaltung der Zinsschranke inzwischen weitgehend unionsrechtlich determiniert ist und dass daher die Ergebnisse der verfassungsrechtlichen Prüfung der konkreten Regelungen zur Zinsschranke in den Jahren 2008 und 2009 für die künftige steuerrechtliche Ausgestaltung dieses Lebenssachverhalts kaum von Bedeutung seien.
Weiterführende Links:
Die ukrainische Rechtsanwaltskammer hat in einem Report die zahlreiche Unterstützung aus der deutschen und internationalen Anwaltschaft und die Verteilung der Spendengelder dargestellt. Für die bislang eingegangenen Spenden von über 300.000 US-Dollar dankt sie allen Unterstützenden.
Die ukrainische Rechtsanwaltskammer (UNBA) hat einen Report veröffentlicht, in dem sie unter anderem ihren Dank für die eingegangenen Spenden in Höhe von über 300.000 US-Dollar ausspricht. In dem Report wird dargestellt, dass die Kammer für die Vergabe der Hilfsgelder an vom Krieg betroffene ukrainische Anwältinnen und Anwälte ein Advisory Board eingesetzt und Kriterien aufgestellt hat.
Die Spenderinnen und Spender sind nach Angaben der UNBA zu 30 % Einzelpersonen und zu 70 % juristische Personen, darunter auch einige Rechtsanwaltskammern aus Deutschland und Anwaltskammern und -organisationen aus anderen Staaten. Sie werden namentlich aufgeführt.
Der Report enthält außerdem eindrückliche Schilderungen betroffener Kolleginnen und Kollegen unter anderem aus den Regionen Kiew, Charkiw und Luhansk über die Einschränkungen und Zerstörungen, die sie erfahren mussten.
Die Lage in der Ukraine ist weiterhin verheerend, so dass auch weiterhin dringend Hilfe und Unterstützung benötigt wird. Spenden müssen künftig nicht mehr mittels Banküberweisung erfolgen, sondern können über Benevity vorgenommen werden.
Weiterführende Links:
Wieso gibt es nicht mehr Mediationen? Das ist Gegenstand einer empirischen Untersuchung, die die Einstellung von Anwältinnen und Anwälten zur Mediation, aber auch den rechtlichen Rahmen von Mediationsverfahren in den Blick nimmt.
Vor fast genau zehn Jahren wurden mit dem Mediationsgesetz die rechtlichen Weichen gestellt, um die Mediation als alternatives Streitbeilegungsverfahren zu verankern. Doch der Evaluationsbericht der Bundesregierung aus dem Jahr 2017 und der jährliche Roland Rechtsreport zeigen, dass die Zahl der Mediationsverfahren nicht besonders hoch ist und kaum zunimmt.
In ihrer von der Deutschen Stiftung für Mediation e.V. im Rahmen des Forschungsprojekts GANDALF unterstützten Masterarbeit untersucht Marie Therése Witzke, Studentin im Master-Studiengang Mediation an der Fernuniversität Hagen, was die Gründe dafür sind. Sie will die Sicht von Anwältinnen und Anwälten auf das Mediationsverfahren empirisch ergründen, denn sie sitzen an der Quelle von Konflikten, die durch Mediation aufgearbeitet werden könnten: Nehmen sie Mediation als „Kaffeeklatsch mit Keksen“ oder als ein effektives Werkzeug zur Konfliktlösung wahr? Was trägt die juristische Ausbildung dazu bei? Müsste sich am rechtlichen Rahmen etwas ändern, um Mediation in der Anwaltschaft präsenter zu machen?
Hierzu und zu weiteren Fragestellungen führt Witzke eine qualitative Umfrage durch, die sich sowohl an Anwaltsmediatorinnen und -mediatoren als auch an Anwältinnen und Anwälte ohne Mediationshintergrund richtet.
Die Umfrage erfolgt anonym. Die Teilnahme dauert ca. fünf Minuten und ist noch bis zum 15.7.2022 möglich.
Weiterführende Links:
Der CCBE hat seinen Praxisleitfaden für Anwältinnen und Anwälte zu Beschwerdeverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte aktualisiert. Er berücksichtigt das zum 1.2.2022 geänderte Verfahrensrecht.
Um Anwältinnen und Anwälte bei Beschwerdeverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) zu unterstützen, gibt der Rat der Europäischen Anwaltschaften (CCBE) einen Praxisleitfaden heraus. Anhand eines Fragenkatalogs werden – untergliedert nach dem vorausgehenden Verfahren vor nationalen Gerichten und dem Verfahren vor dem EGMR – Praxishinweise zum Einreichen der Beschwerde, zum Umgang mit der Kanzlei des Gerichts, zur Nutzung des Beschwerdeformulars, zum Ablauf mündlicher Verhandlungen, zur Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen und zu zahlreichen weiteren Aspekten des Verfahrens vor dem EGMR gegeben.
Der Guide weist zudem auf eine Reihe weiterer Veröffentlichungen hin, die während der Erarbeitung einer Beschwerde und während der Verfahren vor den nationalen Gerichten für Anwältinnen und Anwälte nützlich sind.
Weiterführende Links:
In einer aktuellen Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht, dass Gerichte einen Antrag auf Beratungshilfe nicht wegen Mutwilligkeit zurückweisen und Betroffene auf die Beratung durch die Behörde verweisen können, gegen deren Bescheid sie sich wenden möchten. Die grundgesetzlich verbürgte Rechtswahrnehmungsgleichheit sei sonst verletzt.
Den Hintergrund der jüngst veröffentlichten Entscheidung bildet eine sozialrechtliche Streitigkeit. Der Beschwerdeführer bezog Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalt nach dem SGB II. Er hatte vom Jobcenter einen Leistungsbescheid erhalten, in dem unter anderem eine Erstattungsforderung enthalten war; diese ergab sich aus einem Betriebskostenguthaben für ein vorangegangenes Jahr, welches das Jobcenter über sechs Monate leistungsmindernd anrechnete.
Um gegen den Bescheid vorzugehen, wollte der Beschwerdeführer anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen und beantragte hierfür beim Amtsgericht Beratungshilfe. Der Rechtspflegerin teilte er bei Antragstellung mit, weshalb der Bescheid aus seiner Sicht fehlerhaft sei, und verwies dabei unter anderem auf die leistungsmindernde Anrechnung des Betriebskostenguthabens über sechs Monate. Die Rechtspflegerin wies den Antrag wegen Mutwilligkeit zurück; ein Widerspruch sei ohne anwaltliche Hilfe zu fertigen.
Seiner hiergegen eingelegten Erinnerung half die Rechtspflegerin des Amtsgerichts nicht ab. Das Amtsgericht wies die Erinnerung wegen Mutwilligkeit zurück. Der Beschwerdeführer wolle Leistungsbescheide des Jobcenters pauschal auf ihre Richtigkeit überprüfen lassen. Er könne nicht konkret darlegen, welche Fehler in den Bescheiden vorlägen. Auch habe er nicht vorgetragen, dass er sich selbst schriftlich oder durch Vorsprache beim Jobcenter um eine Aufklärung des Sachverhalts bemüht habe.
Das BVerfG hielt die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde des Betroffenen für offensichtlich begründet. Die angegriffenen Beschlüsse des Amtsgerichts verletzen ihn in seinem durch Art. 3 I i.V.m. Art. 20 I und III GG verbürgten Anspruch auf Rechtswahrnehmungsgleichheit.
Dieser Anspruch sei durch die Versagung von Beratungshilfe nicht verletzt, wenn Bemittelte wegen ausreichender Selbsthilfemöglichkeiten die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe vernünftigerweise nicht in Betracht ziehen würden. Maßgeblich dafür sei, ob der zugrundeliegende Sachverhalt schwierige Tatsachen- oder Rechtsfragen aufwirft und ob Rechtsuchende selbst über ausreichende Rechtskenntnisse verfügen. Keine zumutbare Selbsthilfemöglichkeit ist jedoch nach Ansicht des BVerfG die pauschale Verweisung auf die Beratungspflicht der den Bescheid erlassenden Behörde.
Dies sei jedoch hier nicht der Fall gewesen. Der Beschwerdeführer habe keine besonderen Rechtskenntnisse gehabt und es seien schwierige Tatsachen- und Rechtsfragen zu beantworten gewesen, insbesondere die leistungsmindernde Anrechnung des Betriebskostenguthabens über sechs Monate. Der Beschwerdeführer habe auch nicht an das Jobcenter als den Bescheid erlassende Behörde verwiesen werden dürfen.
Das BVerfG hält die Einschätzung des Amtsgerichts, das Beratungshilfebegehren sei mutwillig, für nicht nachvollziehbar. Denn der Beschwerdeführer habe dargelegt, an welchen Punkten er Zweifel an der Richtigkeit der Bescheide hatte. Insbesondere habe er dabei auf die Anrechnung des Betriebskostenguthabens über sechs Monate hingewiesen, die mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung tatsächlich nicht vereinbar sei.
Weiterführende Links:
Die aktuelle Ausgabe der Rechtsprechungsübersicht des OLG Hamm finden Sie hier.
Den aktuellen beA-Newsletter finden Sie hier.
Die aktuellen Nachrichten aus Brüssel finden Sie hier.