Die BRAK hat sich ablehnend zu zwei Regelungen geäußert, die das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Rahmen der Beteiligung zu dem Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung der Strafprozessordnung und zur Änderung weiterer Vorschriften vorgeschlagen hatte. Die Vorschläge betreffen Durchsuchungen zur Nachtzeit und die europaweite Fahndung.
Mit dem Regelungsvorschlag zu Durchsuchungen zur Nachtzeit (§ 104 StPO) soll im Kern den Strafverfolgungsbehörden ermöglicht werden, Datenträger dann zu beschlagnahmen, wenn sie gerade durch einen Beschuldigten genutzt werden und daher unverschlüsselt sind; anderenfalls wäre die Erlangung von Beweismitteln aussichtslos oder jedenfalls wesentlich erschwert. Die BRAK sieht keinen Bedarf für die vorgeschlagene Änderung, da der drohende Verlust von Beweismitteln bereits durch „Gefahr im Verzug“ erfasst werde. Zudem sei nicht mit Tatsachen belegt, dass Datenträger zur Nachtzeit leichter unverschlüsselt beschlagnahmt werden könnten.
Das zweite nachträglich an das BMJV herangetragene Anliegen betrifft § 131 I StPO; damit soll eine Sollvorschrift für eine europaweite Fahndung geschaffen werden, wenn die Voraussetzungen eines Europäischen Haftbefehls (EuHb) vorliegen. Erreicht werden soll damit, dass häufiger neben einem nationalen Haftbefehl auch ein EuHb beantragt und erlassen wird. Die BRAK lehnt diesen Vorschlag als weder sinnvoll noch verhältnismäßig ab. Der EuHb bedeute gegenüber der deutschlandweiten Ausschreibung zur Fahndung zusätzlichen organisatorischen Aufwand und greife tiefer in die Grundrechte des Betroffenen ein. Er umfasse zugleich Ersuchen um Fahndung, Festnahme und Überstellung des Verfolgten und gehe damit über die mit einem nationalen Haftbefehl verbundene Freiheitsbeschränkung hinaus. Eine europaweite Ausschreibung sei daher nur verhältnismäßig, wenn Anhaltspunkte für eine Flucht des Beschuldigten ins Ausland bestehen. Die BRAK hält zudem auch die Notwendigkeit einer Erhöhung des Anteils an EuHb für zweifelhaft, da kein anderer Mitgliedstaat so viele EuHb ausstelle wie Deutschland.
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Die BRAK hat sich kritisch zu einem an das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz aus parlamentarischen Kreisen herangetragenen Vorschlag geäußert, der die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt betrifft. Ein Syndikusrechtsanwalt ist nur in Angelegenheiten seines Arbeitgebers zur Rechtsberatung befugt. Eine Beratung Dritter ist nur in engen Grenzen zulässig, etwa für Gewerkschaftsmitglieder, wenn der Arbeitgeber eine Gewerkschaft ist (§ 46 V BRAO). Kern des an das Ministeriums herangetragenen Vorschlags ist, Syndikusrechtsanwälten auch darüber hinaus eine drittberatende Tätigkeit zu ermöglichen, soweit ihr Arbeitgeber selbst rechtsdienstleistungsbefugt ist. Dies lehnt die BRAK mit Nachdruck ab.
Aus ihrer Sicht dient der Vorschlag allein den Interessen nicht-anwaltlicher Arbeitgeber, von ihnen erbrachte Rechtsdienstleistungen auszuweiten und sich zusätzlich damit „schmücken“ zu können, ihre Leistungen würden durch einen Rechtsanwalt erbracht. Nach Auffassung der BRAK besteht keinerlei Veranlassung, diese Interessen zu fördern. Der Gesetzgeber habe im Rahmen der Neuordnung des Rechts der Syndikusrechtsanwälte im Jahr 2015 mit gutem Grund eine Beratung Dritter nur in wenigen Ausnahmefällen zugelassen, in denen er keine Gefährdung der Unabhängigkeit des Syndikusrechtsanwalts erkennen konnte. Denn der Syndikus ist nur gegenüber seinem Arbeitgeber, vertraglich abgesichert, unabhängig; im Verhältnis zu Dritten ist er stets auch seinem Arbeitgeber verpflichtet.
Der Vorschlag betrifft lediglich Fälle, in denen der Arbeitgeber zur Rechtsdienstleistung nach dem RDG befugt ist. Eine Ausweitung der Ausnahmevorschriften des § 46 III BRAO auch auf diese würde die Grenzziehung zwischen unabhängiger anwaltlicher Tätigkeit und den Dienstleistungen nicht-anwaltlicher, an anwaltliche Berufspflichten nicht gebundener Anbieter verwässern. Dies gelte umso mehr, als bereits jetzt vielfach darüber gestritten werde, wie weit Rechtsdienstleistungsbefugnisse nichtanwaltlicher Anbieter reichen, insbesondere bei Legal Tech-Unternehmen, die sich einer Inkassolizenz bedienen. Deren Position weiter zu stärken, indem ihnen gestattet wird, sich der Leistungen eines angestellten Syndikusrechtsanwalts zu bedienen, entbehrt nach Auffassung der BRAK jeder Rechtfertigung.
Die BRAK macht deutlich, dass es für Rechtsuchende es einen grundlegenden Unterschied mache, ob sie von mit allen beruflichen Rechten und Pflichten versehenen, unabhängigen Organen der Rechtspflege und deren angestellten Rechtsanwälten beraten und vertreten werden oder von einem nicht-anwaltlichen Dienstleister, der sich eines angestellten Syndikusrechtsanwalts bedient.
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Der BRAK-Ausschuss Sozialrecht hat seine Hinweise zu „Fallstricken“ im sozialgerichtlichen Verfahren in aktualisierter Auflage veröffentlicht. In den Hinweisen stellt der Ausschuss Besonderheiten des ansonsten stark dem verwaltungs- und finanzgerichtlichen Verfahren ähnelnden sozialgerichtlichen Verfahren dar, die sich in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entwickelt haben und die für die anwaltliche Tätigkeit von Bedeutung sind. Vier Problemkreise werden näher betrachtet: Beweisanträge, Anträge im laufenden Verfahren, Bescheidungsurteile und die Beantragung von Vertagungen.
Die Hinweise sind Teil in einer Reihe von Informationen des BRAK-Ausschusses Sozialrecht, die sukzessive erarbeitet und veröffentlicht werden.
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Der BRAK-Ausschuss Steuerrecht hat seine Handlungshinweise „DAC-6 – Die Handlungspflichten gelten. Was ist wann zu tun?“ aktualisiert. Die Handlungshinweise behandeln die Anzeigepflicht, die aufgrund des Gesetzes zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen, das die Richtlinie (EU) 2018/822 („DAC-6“) in nationales Recht umsetzt, seit dem 1.7.2020 auch in Deutschland gelten. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind dann, wenn sie als sog. Intermediäre auftreten, gefordert, grenzüberschreitende Steuergestaltungen innerhalb der gegebenen Fristen elektronisch zu melden. Dies gilt auch dann, wenn sie selbst nicht steuerrechtlich beraten, sondern lediglich eine von anderen Personen entwickelte Struktur umsetzen; auch in diesem Fall können sie als Intermediär mitteilungspflichtig sein. In seinen Handlungshinweisen liefert der Ausschuss ein Schema, das bei allen Mandaten zu prüfen ist.
Nach gegenwärtiger Planung soll ein Anwendungsschreiben des Bundesministeriums der Finanzen zu DAC-6 erst Ende des zweiten Quartals 2021 oder Anfang des dritten Quartals 2021 veröffentlicht werden. Der BRAK-Ausschuss Steuerrecht wird seine Handlungshinweise gegebenenfalls entsprechend der aktuellen Entwicklungen nochmals aktualisieren.
Im Zusammenhang mit grenzüberschreitender Besteuerung wurde Ende März die Richtlinie (EU) 2021/514 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung (sog. DAC-7 Richtlinie) in Europäischen Rat beschlossen und sodann im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Sie ist bis Ende 2023 bzw. 2024 in nationales Recht umzusetzen.
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Die aktuelle und erwartete Geschäftslage der freien Berufe sind Gegenstand einer Untersuchung, die das Nürnberger Institut für Freie Berufe im Auftrag des Bundesverband der Freien Berufe e. V. (BFB) derzeit durchführt. Die Konjunkturumfrage findet zweimal im Jahr statt. Sie enthält, wie bereits die beiden Umfragen zuvor, einen Sonderteil zu den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie in den Freien Berufen.
Von der Umfrage werden wertvolle Ergebnisse erwartet, die eine Beurteilung der coronabedingten Einschnitte im zeitlichen Verlauf ermöglichen. Durch die Kopplung der nunmehr drei Sonderbefragungen und der beiden bisherigen Konjunkturbefragungen in Krisenzeiten lassen sich bereits jetzt die Entwicklungen im Zeitraum bis Ende März engmaschig abbilden.
Die Ergebnisse der BFB-Konjunkturumfrage Winter 2020 zeigen, dass die bisherige Bilanz des Corona-Jahres 2020 für vier von zehn Freiberuflern kritisch ist. Bei ihnen hat sich die Lage im Vergleich zu 2019 verschlechtert. Für 25,3 % von ihnen ist der bisher entstandene wirtschaftliche Schaden bereits existenzbedrohend. Weitere 13,8 % befürchten dieses Szenario für das Jahr 2021. Dies basiert auf einem merklichen Auftragsrückgang seit März von mehr als der Hälfte, der jeden dritten Freiberufler trifft. Nachdem bereits Stellen abgebaut werden mussten, sind derzeit weitere rund 140.000 Stellen bedroht. Um die Krise abzufedern, hat jeder dritte Betroffene betriebliche Rücklagen eingesetzt, 7,5 % sogar seine Altersvorsorge.
Hieran sollen sich die Ergebnisse der aktuellen Befragung anschließen, die den Fokus unter anderem auf ein verändertes Arbeitsvolumen, die Entwicklung des Eigenkapitals und das Ausbildungs-Engagement legt.
Um die Sicht der Anwaltschaft in der Untersuchung breit repräsentiert zu finden, ist eine Teilnahme erwünscht. Die Umfrage läuft noch bis zum 2.5.2021. Die Teilnahme dauert etwa zehn bis zwölf Minuten.
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Das Bundesprogramm „Ausbildungsplätze sichern“ wurde erneut verlängert und erweitert. Die entsprechende Zweite Änderung der Ersten Förderrichtlinie für das Bundesprogramm „Ausbildungsplätze sichern“ trat am 27.3.2021 in Kraft. Sie enthält folgende Änderungen:
Zuständig für die Anträge auf die Förderleistungen und deren Bewilligung ist die jeweilige Agentur für Arbeit.
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Für die sog. Neustarthilfe können nun auch prüfende Dritte – insbesondere Rechtsanwält*innen und Steuerberater*innen – Anträge für die Betroffenen stellen. Die Neustarthilfe können Soloselbstständige seit Mitte Februar im Rahmen der Corona-Überbrückungshilfe III beantragen. Zunächst konnten sie den Antrag jedoch nur selbst stellen. Die BRAK hatte gefordert, eine Antragstellung auch durch prüfende Dritte zu ermöglichen, da sich viele Betroffene inhaltlich, aber auch technisch mit der Antragstellung überfordert fühlten. Dieser Forderung kam das zuständige Bundesministerium der Wirtschaft nunmehr nach.
Soloselbstständige mit Personen- oder Kapitalgesellschaften müssen den Antrag über einen prüfenden Dritten stellen.
Die Antragsfrist endet am 31.8.2021.
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Die BRAK hat auf Anfrage des Bundesverfassungsgerichts zur verfassungsrechtlichen Prüfung zweier steuerrechtlicher Vorschriften aufgrund eines Aussetzungs- und Vorlagebeschlusses des Bundesfinanzhofs (BFH) Stellung genommen. Im Ausgangsverfahren hatte der Insolvenzverwalter über das Vermögen einer Immobilienfirma sich mit dem zuständigen Finanzamt über die Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuerbemessung für die insolvente Firma auseinandergesetzt; im Kern wurden dabei im Rahmen der Auflösung der Firma per Saldo nicht erzielte Gewinne besteuert.
Gegenstand des Verfahrens ist die vom BFH vorgelegte Frage, ob § 8 Abs. 1 KStG 2002 sowie § 10a S. 2 GewStG 2002 gegen den in Art. 3 I GG verankerten Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen. Der BFH hält die genannten Regelungen für gleichheitswidrig, soweit sie durch den Ausschluss eines Verlustausgleichs den Kernbereich der Nettoertragsbesteuerung verletzen.
In ihrer Stellungnahme setzt die BRAK sich eingehend mit den verfassungsrechtlichen Bezügen der genannten Vorschriften auseinander. Sie hält die Vorschriften im Ergebnis für verfassungswidrig.
Die Erstattung von Gutachten auf Anfrage von Bundesbehörden oder Bundesgerichten ist eine der gesetzlichen Aufgaben der BRAK (§ 177 II Nr. 5 BRAO).
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Die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz Christine Lambrecht hat mit Wirkung vom 1.4.2021 Rechtsanwalt Dr. Jürgen Lauer, Köln, Rechtsanwältin Anja Merk, Bad-Kreuznach, und Rechtsanwältin Jutta Niggemeyer-Müller, Regensburg, zu Beisitzer/innen für den Senat für Anwaltssachen des BGH berufen. Ihre Amtszeit beträgt fünf Jahre. Lauer und Merk gehörten dem Anwaltssenat bereits seit 2016 an, Niggemeyer-Müller folgt auf Rechtsanwalt Dr. Manfred Wolf, der aus dem Anwaltssenat ausscheidet.
Der Senat für Anwaltssachen des BGH entscheidet u.a. erstinstanzlich über verwaltungsrechtliche Anwaltssachen und ist für Berufungen gegen Urteile der Anwaltsgerichtshöfe zuständig (§ 112a BRAO). Ihm gehören neben der Präsidentin des BGH und zwei Richter/innen des BGH zwei ehrenamtliche Beisitzer/innen an, die aus der Rechtsanwaltschaft stammen (§ 106 II BRAO).
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Die Ende März verkündete Entscheidung des BGH zur Verschlüsselung im besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) fand breiten Widerhall in den Medien. Der BGH hatte festgestellt, dass die Sicherheitsarchitektur des beA den gesetzlichen Anforderungen an eine sichere Kommunikation genügt und dass Anwält*innen keinen Anspruch darauf haben, dass im beA eine bestimmte Verschlüsselungstechnologie, namentlich Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, eingesetzt wird.
Im beA wird nicht die von den Klägern geforderte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung eingesetzt, sondern aufgrund berufsrechtlicher Notwendigkeiten, insbesondere zur Bestellung eines Vertreters oder Abwicklers, eine Umschlüsselung in einem sog. Hardware Security Modul vorgenommen. Über die Entscheidung berichteten unter anderem der SWR, Legal Tribune Online, JUVE, das Anwaltsblatt, CIO und heise online.
Die BRAK begrüßte die Entscheidung des BGH. Nun gebe es die nötige Rechtssicherheit für die weitere Entwicklung des beA. Sie werde beim beA immer darauf achten, dass die Systemsicherheit und Wahrung des Mandatsgeheimnisses besonders im Fokus stehen.
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Der Präsident des OLG Hamm teilt für das nächste Kalenderjahr folgende vorgesehene sitzungsfreie Tage mit:
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