Viele Kolleginnen und Kollegen fragen sich, wie sie sich im Falle einer Erkrankung oder der Verhängung von Quarantänemaßnahmen zu verhalten haben. Die Antwort gibt das Gesetz: § 53 Abs. 1 BRAO legt fest, dass ein Rechtsanwalt für seine Vertretung sorgen muss, wenn er länger als eine Woche daran gehindert ist, seinen Beruf auszuüben oder wenn er sich länger als eine Woche von seiner Kanzlei entfernen will/muss.
Nach § 53 Abs.2 S.2 BRAO kann ein Vertreter von Vornherein für alle Verhinderungsfälle, die während eines Kalenderjahres eintreten können, bestellt werden. Gehört der Vertreter ebenfalls der Rechtsanwaltskammer Hamm an, können Sie ihn selbst bestellen, müssen uns dies aber anzeigen (§ 53 Abs.6 BRAO). Ohne entsprechende Anzeige erhält der Vertreter keinen Zugang zu Ihrem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA). Weitere Informationen zur Vertretung im Hinblick auf das beA finden Sie in den beA-Newslettern 25/2018, 12/2017 und 01/2020 https://www.brak.de/bea-newsletter/. Da die dem Vertreter eingeräumten Zugriffsrechte nur sehr beschränkt sind (§ 25 Abs.3 RAVPV), kann es sich empfehlen, ihm weitere Zugriffsrechte einzuräumen.
Bei der Wahl der Vertreterin sollte nach Möglichkeit berücksichtigt werden, dass diese voraussichtlich nicht ebenfalls unter Quarantäne gestellt wird, wenn Sie unter Quarantäne stehen.
Unter dem Gesichtspunkt der Quarantänevorsorge ist ein Zugriff auf Ihre anwaltlichen E-Mails, Ihr beA oder gar auf Ihre elektronischen Akten auch von zu Hause aus sicherlich vorteilhaft. Für einen beA-Zugang zu Hause müssen auch dort beA-Karte und Kartenlesegerät vorhanden sein.
Sofern Ihre Mitarbeiter unter Quarantäne stehen und nicht arbeiten können, haben Sie nach Maßgabe des § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG) einen Anspruch auf Erstattung der Lohnkosten. Sofern Sie als selbständige/r Rechtsanwalt/Rechtsanwältin unter Quarantäne stehen, haben Sie nach Maßgabe des § 56 IfSG einen Anspruch auf Erstattung des Verdienstausfalls. Für weitere Informationen verweisen wir auf den Aufsatz des Kollegen Schafhausen zur Entschädigung vom Staat bei Quarantäne:https://anwaltsblatt.anwaltverein.de/de/news/corona-virus-entschaedigung-vom-staat-bei-quarantaene?page_n40007=2
Hingewiesen wird auch auf den Beitrag des Kollegen Martin W. Huff "Corona und Berufsrecht - woran Rechtsanwälte denken müssen", der auf https://www.lto.de/recht/juristen/b/anwaelte-corona-vorsorge-vertreterbestellung-fristen-daran-muessen-kanzleien-denken/ veröffentlicht worden ist.
Die Bundesrechtsanwaltskammer hat zudem eine Liste folgender Informationsquellen zusammengestellt:
Die vom Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages geladenen Experten lehnen einen bereits im Frühjahr 2019 vorgelegten Gesetzentwurf der FDP zur „Modernisierung des Rechtsdienstleistungsrechts“ ab, mit dem diese das Rechtsdienstleistungsgesetz für Legal Tech-Anbieter öffnen möchte. Gegenstand der öffentlichen Anhörung am 11.3.2020 war außerdem ein Antrag der Grünen, mit dem diese die Bundesregierung auffordern, mit Blick auf Legal Tech die Anwaltschaft als Organ der Rechtspflege zu stärken und zudem die Regelungen für die interprofessionelle Zusammenarbeit sowie für anwaltliche Berufsausübungsgesellschaften zu reformieren.
Als Experten angehört wurden u.a. Dr. Birte Lorenzen, Mitglied des RDG-Ausschusses der BRAK, BRAK-Vizepräsident André Haug sowie Prof. Dr. Christian Wolf (Universität Hannover). Ebenso wie die übrigen geladenen Experten äußerten sie sich kritisch zu dem Gesetzentwurf der FDP. In ihrer Presseerklärung vom 11.3.2020 fasst die BRAK den wesentlichen Verlauf der Anhörung zusammen. Die BRAK bleibt bei ihrer Auffassung, dass es keiner Regulierung für Legal Tech im RDG bedarf, da Rechtsberatung Sache der Anwaltschaft bleiben muss.
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Mit einem Mitte Januar vorgelegten Diskussionsentwurf für ein 2. Patentrechtsmodernisierungsgesetz möchte das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz das Patentrecht vereinfachen und modernisieren. Der Entwurf enthält zudem auch Änderungen für den Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes. In ihrer Stellungnahme zu dem Entwuf setzt sich die BRAK vor allem mit den geplanten patentrechtlichen Änderungen kritisch auseinander.
Die mit der Kodifizierung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, der Unterlassungsansprüchen entgegengehalten werden kann, beabsichtigte Klarstellung begrüßt die BRAK; sie äußert aber auch eine Reihe von Bedenken. Die mit den Änderungen betreffend den Hinweisbeschluss des Patentgerichts verbundene Beschleunigung der Verfahren hält die BRAK im Ansatz für sinnvoll, jedoch mit der derzeitigen personellen Ausstattung der Patentgerichte für kaum realisierbar. Sie schlägt daher eine Alternativlösung vor. Der Einführung einer neuen Vorschrift zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen im patentgerichtlichen Verfahren stimmt die BRAK uneingeschränkt zu, sie erfülle ein praktisches Bedürfnis.
Zu den im Diskussionsentwurf enthaltenen Änderungen des Gebrauchsmustergesetzes gibt die BRAK zu bedenken, dass hier nicht parallel zum Patentgesetz ebenfalls der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz kodifiziert wurde, obwohl die betreffenden Regelungen sich ansonsten entsprechen. Dies hält die BRAK für systemwidrig.
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Zu dem vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz vorgelegten Entwurf für ein Gesetz zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) hat die BRAK sich kritisch geäußert. Der Entwurf basiert auf den Ergebnissen einer von der Konferenz der Justizministerinnen und -minister des Bundes und der Länder eingesetzten Bund-Länder-Arbeitsgruppe. Mit ihm soll das WEG grundlegend reformiert werden, um insbesondere barrierereduzierende Aus- und Umbauten, energetische Sanierungen sowie den Einbau von Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge zu ermöglichen. Zudem sollen die Wohnungseigentümerversammlung als zentrales Entscheidungsgremium aufgewertet und die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums effizienter gestaltet werden.
Die BRAK setzt sich in ihrer Stellungnahme detailliert mit den Änderungsvorschlägen auseinander. Für problematisch hält sie insbesondere eine Einschränkung der Befugnis des Verwalters, im Falle eines Rechtsstreits Honorare mit anwaltlichen Beratern zu vereinbaren. Unbillig ist aus Sicht der BRAK eine Änderung der Regelung für Beschlussklagen, die im Ergebnis zu einer deutlichen Reduktion der anwaltlichen Vergütung in Beschlussanfechtungsverfahren führt. Durch die geplante Änderung fiele zwar der Zuschlag für die Vertretung mehrerer Wohnungseigentümer weg, nicht aber die Mehrarbeit des Rechtsanwalts.
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Deutschland zählt in Sachen Rechtsstaatlichkeit weltweit weiterhin zu den führenden Staaten. Nach dem am 11.3.2020 veröffentlichten Rule of Law Index 2020 des World Justice Projects belegt Deutschland – im Vergleich zum Vorjahr unverändert – Platz 6.
Der Rule of Law Index gibt Aufschluss über den Stand der Rechtsstaatlichkeit in 128 Staaten. Die Bewertung nimmt verschiedene Faktoren in den Blick, etwa Beschränkungen der Regierungsmacht, Korruption, Grund- und Menschenrechte, Sicherheit und Ordnung sowie Zivil- und Strafjustiz. Sie basiert auf der Befragung von rund 130.000 Haushalten sowie von 4.000 juristischen Praktikern und Experten. Der Index ist als breit angelegtes Diagnosetool gedacht und soll dazu beitragen, die Rechtsstaatlichkeit in den beteiligten Staaten zu fördern.
Das World Justice Project ist eine unabhängige, gemeinnützige Organisation, die ursprünglich auf Initiative der American Bar Association gegründet wurde.
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Auch dieses Jahr bietet die Pariser Anwaltskammer (Barreau de Paris) jungen Anwältinnen und Anwälten bis zum Alter von 40 Jahren wieder die Möglichkeit, im Rahmen eines internationalen Programms (Stage International) Einblicke in das französische Rechtssystem zu gewinnen.
Das Programm findet vom 5.10. bis zum 27.11.2020 in französischer Sprache statt. Es richtet sich an junge Anwältinnen und Anwälte, die sich für die anwaltliche Praxis in Frankreich interessieren. Inhaltlich werden zunächst Kurse über das französische Rechtssystem und über die dort angewandten Rechtspraktiken bei renommierten Professoren und Anwälten angeboten. Danach wird es die Gelegenheit geben, in einer Anwaltskanzlei zu hospitieren.
Die Kosten des Programms trägt die Pariser Anwaltskammer. Anreise und Unterkunft müssen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer selbst finanzieren. Neben guten Kenntnissen der französischen Sprache müssen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Haftpflichtversicherung sowie ihre Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nachweisen.
Für weitere Informationen und Ihre Bewerbung wenden Sie sich bitte an Aurore Legrand (alegrand@avocatparis.org). Bewerbungen sind bis zum 4.5.2020 möglich.
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Wer vorübergehend in einem anderen Mitgliedstaat der EU selbstständig beruflich tätig ist, muss nach der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Sozialsysteme vor der Geschäftsreise beim zuständigen Versicherungsträger eine A1-Bescheinigung beantragen und bei der Reise mitführen. Gleiches gilt für abhängig beschäftigte Personen, die vorübergehend ins Ausland entsandt werden. Die Regelung gilt auch für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte und sorgt nicht nur bei ihnen für eine gewisse Unsicherheit.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat daher nun klarstellende Hinweise zur „Handhabung der Bescheinigung A1 bei kurzfristig anberaumten und kurzzeitigen Tätigkeiten im EU-Ausland, den EWR-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen sowie der Schweiz“ veröffentlicht. Danach ist nach dem geltenden Recht nicht in jedem Fall einer kurzfristigen oder kurzzeitigen Tätigkeit im Ausland eine A1-Bescheinigung zwingend erforderlich; insoweit bestehe ein Ermessen der Mitgliedstaaten. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH führt das Ministerium aus, dass A1-Bescheinigungen auch nachträglich und rückwirkend ausgestellt werden können, ohne dass hierfür eine zeitliche Grenze gelte. Soweit nach dem Recht des Zielstaates eine Pflicht zur Mitführung der Bescheinigung besteht, rät das Ministerium allerdings davon ab, auf eine vorherige Antragstellung zu verzichten. Dies betreffe derzeit insbesondere Österreich und Frankreich.
Beantragt werden muss die A1-Bescheinigung beim zuständigen Versicherungsträger. Für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die gesetzlich krankenversichert und Mitglied eines Versorgungswerks sind, ist dies die jeweilige Krankenkasse. Privat krankenversicherte Mitglieder eines Versorgungswerks müssen ihren Antrag bei der Arbeitsgemeinschaft Berufsständischer Versorgungseinrichtungen (ABV) stellen. Wer privat krankenversichert und nicht Mitglied eines Versorgungswerks ist, stellt den A1-Antrag bei dem für ihn bzw. sie zuständigen Rentenversicherungsträger. Wer nicht ins Ausland entsandt wird, sondern gewöhnlich in mehreren Mitgliedstaaten tätig ist, wendet sich an die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland (DVKA).
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Die steuerlich begünstigte Veräußerung einer freiberuflichen Praxis setzt voraus, dass die wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen der bisherigen Tätigkeit entgeltlich und definitiv auf einen anderen übertragen werden. Dazu muss der Veräußerer seine freiberufliche Tätigkeit in seinem bisherigen Wirkungskreis zumindest für eine gewisse Zeit einstellen. Eine starre zeitliche Grenze, nach der die Tätigkeit steuerunschädlich wieder aufgenommen werden darf, gibt es nicht. Unschädlich ist es im Grundsatz, wenn der Veräußerer nachfolgend als Arbeitnehmer oder freier Mitarbeiter des Erwerbers tätig wird oder wenn er seine freiberufliche Tätigkeit in geringfügigem Maße fortführt, selbst wenn dies die Betreuung neuer Mandate umfasst.
Dies entschied der BFH in einem jüngst veröffentlichten Beschluss. Er betrifft den Fall eines Steuerberaters, der die von ihm betriebene Kanzlei je zur Hälfte an einen Rechtsanwalt und einen Steuerberater veräußerte. Später war er für die von ihm gemeinsam mit den Erwerbern gegründete Partnerschaftsgesellschaft als freier Mitarbeiter tätig.
Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung war zu prüfen, ob der Gewinn aus der Veräußerung der Kanzlei nach § 34 III EStG begünstigt besteuert wird. Das Finanzamt lehnte dies im Ergebnis ab. Die Klage des Steuerberaters gegen den entsprechenden Einkommensteueränderungsbescheid war erfolgreich. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Finanzamtes wies der BFH als unbegründet zurück.
Die Entscheidung betrifft zwar explizit die Veräußerung einer Steuerberaterkanzlei. Die Aussagen des BFH sind jedoch auf Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte übertragbar. Soweit der BFH eine freie Mitarbeit des Veräußerers in seiner früheren Kanzlei für unschädlich hält, stellt er sich gegen die Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen. Es bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung auf die Entscheidung reagieren wird.
BFH, Beschl. v. 11.2.2020 – VIII B 131/19
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