§ 78 FGO

Aktenübersendung in die Kanzlei des Prozessbevollmächtigten

BFH, Beschl. v. 28.08.2009 – III B 89/09 Fundstelle: www.juris.bundesfinanzhof.de1.    Aus dem Begriff „einsehen“ und der Regelung über die Erteilung von Abschriften usw. durch die Geschäftsstelle ergibt sich, dass die Einsichtnahme der Akten bei Gericht die Regel sein soll und eine vorübergehende Überlassung von Akten an den Prozessbevollmächtigten nur ausnahmsweise in Betracht kommt.

2.    Aus der teilweise abweichenden rechtlichen Regelung und Verfahrenspraxis zur Akteneinsicht in anderen Gerichtszweigen können für das finanzgerichtliche Verfahren keine Rechte hergeleitet werden.

Leitsatz des Verfassers des KammerReports

UWG § 5

Außendarstellung einer neu gegründeten Kanzlei nach vorheriger Sozietätsauflösung

OLG Hamm, Urt. v. 11.08.2009 – 4 U 109/09 = BeckRS 2009, 24122 Fundstelle: NJW-Spezial 2009, S. 719

Eine neu gegründete Kanzlei, die ihren Briefkopf nahezu in identischer Form gestaltet wie eine zuvor aufgelöste Sozietät, in der einer der Kanzleigründer Gesellschafter war, handelt irreführend, da bei den angesprochenen Verkehrskreisen, die die frühere Sozietät kannten, der Eindruck einer Fortführung erweckt wird.

 

Leitsatz des Einsenders bei der NJW-Spezial

BRAO §§ 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2, 14 Abs. 2 Nr. 3, 16 Abs. 3a S. 1, S. 2

Widerruf der Anwaltszulassung aufgrund gesetzlicher Vermutung der Unfähigkeit der Berufsausübung aus gesundheitlichen Gründen bei Nichtvorlage eines ärztlichen Gutachtens

BGH, Beschl. v. 06.07.2009 – AnwZ (B) 81/08 (AGH Naumburg) Fundstelle: www.bundesgerichtshof.de

  1. Ein ordnungsgemäß berufenes richterliches Mitglied des Anwaltsgerichtshofs verliert sein richterliches Nebenamt nicht schon durch den Wechsel in ein anderes richterliches Hauptamt bei seinem Dienstherrn.
  1. Der Rechtsanwalt kann die Nichtvorlage des Gutachtens nicht mit fehlendem Anlass für die Gutachtenanordnung verweigern, wenn die Anordnung bestandskräftig geworden ist.
  1. In der Gutachtenanordnung müssen die zu untersuchenden Fragen nicht im Einzelnen benannt werden, wenn sie sich auf tatsächliche Vorkommnisse bezieht, aus denen sich zweifelsfrei ergibt, welche Fragen untersucht werden sollen.
    Leitsatz des Gerichts

Rechtsanwalt Frank Speidel, Geschäftsführer der RAK Tübingen

GG Art. 2 Abs. 1, 3 Abs. 1, 12  Abs. 1, 20 Abs. 3, 101 Abs. 1 S. 2, 103 Abs. 1; BRAO §§ 7 Nrn. 8 u. 10, 14 Abs. 2 Nr. 5 u. 8, 47; BVerfGG § 93 Abs. 1

Vereinbarkeit zweitberuflicher Tätigkeiten mit dem Anwaltsberuf – Juniorprofessor

BVerfG (2. Kammer des Ersten Senats), Beschl. v. 30.06.2009 – 1 BvR 893/09

Fundstelle: NJW 2009, S. 3710 ff.  

 

1.    …

2.    Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn einem an einer Universität als Juniorprofessor tätigen und durch die Abnahme von Prüfungen hoheitlich handelnden Beamten auf Zeit auch ohne konkreten Interessenkonflikt die Genehmigung zur Ausübung der Tätigkeit als Rechtsanwalt mit der Begründung versagt wird, dass für das rechtsuchende Publikum der Eindruck entstehen könne, dem Betroffenen mangele es als Rechtsanwalt an der nötigen Unabhängigkeit.

3.    Zur Frage, wann die Nichtzulassung der sofortigen Beschwerde gem. § 223 III 2 BRAO eine Verletzung von Art. 2 I i. V. mit Art. 20 III, Art. 3 I und Art. 101 I 2 GG darstellt.

 

Leitsatz der Redation der NJW

BRAO §§ 49 b Abs. 2 S. 1

Verbot der Werbung mit Gebührenunterschreitung

BGH, Beschl. v. 09.06.2008 – AnwSt (R) 5/05 (AnwGH München) Fundstelle: NJW 2009, S. 534 ff.

Anwaltliche Werbung, welche die Bereitschaft erkennen lässt, für die prozessuale Tätigkeit des Anwalts die gesetzlichen Gebühren zu unterschreiten, ist unsachlich und damit unzulässig.

 

Leitsatz der Redaktion der NJW

 

 

 

 

 

BRAO § 43 a Abs. 2; BORA § 2

Kein Verstoß gegen Schweigepflicht bei Hinweis auf Regressfall

AnwG Köln, Beschl. vom 20.05.2009 – 10 EV 330/07 = BeckRS 2009, 25014

Fundstelle: NJW-Spezial 2009, S. 750

Ein ehemals angestellter Rechtsanwalt verstößt nicht gegen die Verschwiegenheitspflicht, wenn er den Mandanten seines vormaligen Arbeitgebers darauf hinweist, dass dieser einen Regressfall ausgelöst hat.

 

Leitsatz des Einsenders bei der NJW Spezial

§ 7 S. 1 Nr. 8 BRAO

Unvereinbare Halbtagstätigkeit im Rechtsamt einer Stadt

Die Tätigkeit als juristische Mitarbeiterin im Rechtsamt einer Stadt ist mit dem Anwaltsberuf unvereinbar. Durch die Wahrnehmung der Interessen der Stadt kann es zu einer Interessenkollision mit der Anwaltstätigkeit kommen.

Leitsatz des Einsenders bei der NJW-Spezial

§ 7 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 BORA

Zulässigkeit der Bezeichnung „Spezialist für Zahnarztrecht“

Von einem „Spezialisten“ erwartet das rechtsuchende Publikum regelmäßig zumindest die Expertise eines Fachanwalts.

Leitsatz des Einsenders bei der NJW-Spezial

FAO § 5 S. 3

Mindergewichtung von Fällen nach der FAO

BGH, Beschl. v. 20.04.2009 – AnwZ (B) 48/08 = BeckRS 2009, 12395 Fundstelle: NJW-Spezial 2009, S. 431 f.

Bei Fällen, die eine im Wesentlichen gleich gelagerte rechtliche Thematik haben, kann eine erhebliche Mindergewichtung gerechtfertigt sein. Hat die gleich gelagerte Problematik so geringes Gewicht, dass sie als Nachweis für die praktischen Fähigkeiten im Fachgebiet kaum dienlich ist, kann eine Mindergewichtung mit einem Faktor von höchsten 0,2 gerechtfertigt sein.

Leitsatz des Gerichts

BRAO §§ 43 c Abs. 1, 59 b Abs. 2; FAO §§ 1 S. 2, 2 Abs. 1, § 5

Fachanwaltsbezeichnung – Nachweis praktischer Erfahrungen während Kindererziehung

Die Regelung, dass zur Erlangung einer Fachanwaltsbezeichnung die nachzuweisenden praktischen Erfahrungen innerhalb der letzten drei Jahre vor Antragstellung gesammelt sein müssen, ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Dies gilt auch hinsichtlich der besonderen Belange und Schutzwürdigkeit von im Anwaltsberuf tätigen Eltern, wenn insbesondere von der Rechtsanwaltskammer die Regelzeit um weitere neun Monate der Elternzeit verlängert wurde.

Leitsatz der Redaktion der NJW

 

a)      um Zeiten eines Beschäftigungsverbotes nach den Mutterschutzvorschriften;

b)      um Zeiten der Inanspruchnahme von Elternzeit;

c)      um Zeiten, in denen der Antragsteller wegen besonderer Härte in seiner anwaltlichen Tätigkeit eingeschränkt war. Härtefälle sind auf Antrag und bei entsprechendem Nachweis zu berücksichtigen.

Eine Verlängerung ist auf 36 Monate beschränkt. Sofern das Bundesministerium der Justiz diesen Beschluss nicht beanstandet, tritt dieser neu eingefügte § 5 Abs. 3 FAO mit dem 1. Tag des 3. Monats in Kraft, der auf die Veröffentlichung in den BRAK-Mitteilungen folgt.

 

Rechtsanwalt Benedikt Trockel

EMRK Art. 8, 35 Abs. 3, 41

Durchsuchung einer Anwaltskanzlei

EGMR (I. Sektion), Urt. v. 09.04.2009 – 19856/04 (Kolesnichenko/Russland)

1.      Der Begriff „Wohnung“ in Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) umfasst nicht nur die Privatwohnung, sondern auch Geschäftsräume, insbesondere die Kanzlei eines Rechtsanwalts.

2.      Die Verfolgung und Behinderung von Anwälten berührt den Kernbereich des Konventionssystems. Deswegen muss die Durchsuchung einer Anwaltskanzlei besonders sorgfältig geprüft werden.

3.      Die Durchsuchung ist ein Eingriff in das in Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Wohnung. Bei der Prüfung, ob sie „in einer demokratischen Gesellschaft notwendig“ i. S. von Art. 8 Abs. 2 EMRK ist, stellt der Gerichtshof insbesondere darauf ab, ob es im staatlichen Recht wirksame Garantien gegen Missbrauch und Willkür gibt.

4.      Bei Durchsuchung einer Anwaltskanzlei müssen unabhängige Zeugen zugezogen werden, die beurteilen können, ob geschützte Unterlagen eingesehen und beschlagnahmt werden. Wenn sie keine juristische Ausbildung haben, sind sie keine geeigneten Zeugen.

5.      Bei der Beurteilung der Notwendigkeit berücksichtigt der Gerichtshof die Auswirkungen einer Durchsuchung auf die Arbeit und den Ruf eines Anwalts.

6.      Die Durchsuchungsanordnung muss, soweit das praktisch möglich ist, begrenzt und so gefasst sein, dass sie die Auswirkungen in angemessenen Grenzen hält.

 

Leitsatz des Bearbeiters der NJW

GG Art. 3 Abs. 1, 12 Abs. 1; BORA § 10 Abs. 1 S. 3

Kurzbezeichnung auf Briefbögen eines Rechtsanwalts

BVerfG (2. Kammer des Ersten Senats), Beschl. v. 24.03.2009 – 1 BvR 144/09 Fundstelle: NJW 2009, S. 2587 f.

Das Benennungsgebot in § 10 Abs. 1 S. 3 BORA ist mit Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

Leitsatz der Redaktion der NJW

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