von Rechtsanwalt Peter Bohnenkamp, Borken

Im KammerReport 3/2012 hatte Herr Rechtsanwalt Teubel am Beispiel des Rahmenabkommens der HUK-Coburg-Rechtsschutzversicherung-AG die Problematik der Rationalisierungsabkommen aus berufsrechtlicher und berufspolitischer Sicht dargelegt. Er hatte einzelne problematische Klauseln zitiert und in ihrer berufsrechtlichen und gebührenrechtlichen Einordnung bewertet.

Zwischenzeitlich haben die Rechtsanwaltskammern für die Oberlandesgerichtsbezirke Köln, Düsseldorf und Hamm die Problematik des Rationalisierungsabkommens offen mit der HUK-Coburg-Rechtsschutzversicherung besprochen und eine Änderung des Abschnitts II des Abkommens betreffend die Abrechnungsvereinbarung für außergerichtliche Tätigkeiten im Einzelnen erörtert. Die nunmehr von der HUK-Coburg-Rechtsschutzversicherung zu veröffentlichende Mustergebührenvereinbarung wird in diesem Abschnitt die berufsrechtlichen Bedenken der Kammern berücksichtigen und durch eine Änderung der Gebührenregelungen den vorgetragenen berufsrechtlichen Bedenken Rechnung tragen.

 

  1. In den ab sofort geltenden Rahmenabkommen ist vorgesehen, dass sämtliche Vergütungstatbestände anwendbar bleiben, also z.B. auch die bisher ausgeschlossene Mehrvertretungsgebühr gemäß Nr. 1008 VV RVG abzurechnen ist und erstattet wird. Es handelt sich insoweit um eine Festgebühr (0,3 oder 30 % bei Festgebühren, bei Betragsrahmengebühren Erhöhung der Mindest- und Höchstbeträge um 30 %). Damit sind insoweit die Bedenken wegen des pauschalen Verzichtes auf eine gesetzliche Gebühr ausgeräumt.

  2. Bisher war in Ziffer II.3 des Rationalisierungsabkommens die Geschäftsgebühr auf einen Satz von 1,0 beschränkt und nur ausnahmsweise nach vorheriger Absprache eine abweichende individuelle Abrechnung zulässig. Nunmehr gilt für außergerichtliche Rahmengebühren, dass diese in einem Begleitschreiben zur Abrechnung unter Gewichtung aller Bewertungskriterien im Sinne des § 13 RVG dezidiert zu begründen sind insbesondere hinsichtlich des Umfangs, der Schwierigkeit und/oder der Bedeutung der Angelegenheit und evtl. des Haftungsrisikos des Anwalts.
    Die Begründung des Anwalts für das von ihm ausgeübte Ermessen im Rahmen der Festsetzung der Höhe der Gebühr entspricht der Rechtslage. Es entsteht nicht kraft Gesetzes und ohne Ausübung des Ermessens eine 1,3 Geschäftsgebühr. Diese kann auch niedriger, bei Wegfall der Kappungsgrenze, wenn die Tätigkeit umfangreich oder (nicht und!) schwierig war, deutlich höher liegen. Die Ausübung des Ermessens muss spätestens in einem Rechtsstreit nachvollziehbar begründet werden, so dass es selbstverständlich sein sollte, dass bereits mit Abrechnung der Gebühr dem Mandanten gegenüber diese Begründung gegeben wird. Dies macht die Höhe der anwaltlichen Vergütung verständlich und nachvollziehbar und vermeidet in der Regel eine Verärgerung des Mandanten oder gar einen Rechtsstreit um die Gebühren. Die Pflicht zur Begründung der Höhe der Gebühr ist also keine problematische Belastung des Anwalts, sondern Konsequenz aus dem ihm vom Gesetzgeber eingeräumten Ermessen.

    Auch die Berücksichtigung vorgenannter Kriterien entspricht der Vorgabe des § 14 Absatz 1 RVG. Es ist richtig, dass die Vermögensverhältnisse des Mandanten als weiteres Merkmal nicht begründet werden müssen. Der rechtsschutzversicherte Mandant trägt gerade kein Kostenrisiko, so dass dieses Merkmal deshalb bei der Ausübung des Ermessens durch den Rechtsanwalt nicht ins Gewicht fallen kann.

    Nur für den Fall, dass der Anwalt ganz oder teilweise auf eine derartige Darstellung der Bewertungskriterien verzichtet, sieht das Abkommen in einem vereinfachten Verfahren eine pauschale Vergütung deutlich unterhalb der sogen. Mittelgebühren vor, ebenfalls unter dem Vorbehalt, dass diese Vergütung nicht in einem unangemessenen Verhältnis zu Leistung, Verantwortung oder Haftungsrisiko der Kanzlei stehen darf. Auch insoweit ist der Vorgabe gemäß § 14 Absatz 1 RVG Rechnung getragen. Diese mögliche Ermäßigung einer angemessenen Gebühr kann der Rechtsanwalt vermeiden, indem er die Ausübung seines Ermessens begründet. Verzichtet er hierauf, kann gebührenrechtlich und berufsrechtlich unterstellt werden, dass er auch bei Ausübung seines Ermessens eine höhere als die pauschalierte Vergütung nicht verlangen will und kann.

  3. Berufsrechtlich erfreulich ist die ausdrücklich im Rationalisierungsabkommen nunmehr festgehaltene Erklärung der HUK-Coburg-Rechtsschutzversicherung, dass die Versicherung keine Vermittlung von Mandaten verspricht oder in anderer Weise zusichert. Insoweit wird ein wesentliches Bedenken der Kammern gegen das Rationalisierungsabkommen ausgeräumt. In den Verhandlungen hat die HUK-Coburg-Rechtsschutzversicherung ihre Praxis der Benennung von Rechtsanwälten, wenn sie hierum gebeten wird, erläutert. Gemäß Rationalisierungsabkommen müssen Anwälte bestimmte Vorgaben erfüllen, die den Kreis der Teilnehmer beschränken, z.B. eine Zertifizierung oder Fachanwaltschaften. Dies sind nachvollziehbare Qualitätsanforderungen, die jede Kanzlei grundsätzlich erfüllen kann.